Die Sandkastendiktatur

Sechs Typen von Eltern, die wir am Spielplatz treffen ODER: Die Sandkastendiktatur

Es ist so weit: Spielplatzzeit! Und wohl oder übel bleibt einem als Mutter nichts anders übrig, als Kind und Kegel einzupacken und sich auf den Weg zum nächst gelegenen Spielplatz zu machen. Mich nervt das in Wahrheit tierisch. Das liegt nicht am Spielplatz ansich, sondern an den Menschen die man dort trifft. Eine kleine Typologie (am ehesten bin ich übrigens  Typ Nr. 2).


1. Die Missionare

Die Kinder dieser Eltern wurden bis zum 256. Lebensmonat gestillt. Die Mütter haben vorsorglich die Nachgeburt gepökelt und im Garten vergraben. Die Familie ernährt sich ausschließlich laktose- und plastikfrei und selbstverständlich vegan. Etwas anderes können sie auch gar nicht nachvollziehen – das geben die Eltern täglich lautstark von sich. Man hört das auch, wenn man es nicht hören will. Die Missionare verteufeln Zucker, mögen keinen Kinderwagen und haben alle Frühförder-Kurse gemacht, die ein durchschnittlicher Eltern-Fortbildungs-Katalog so zu bieten hat. Das Problem ist nicht, dass diese Eltern wunderbar sind und für ihr Kind das Beste wollen – das Problem ist, dass sie allen erzählen WIE wunderbar sie sind. Andere Meinungen lassen sie nicht zu und versuchen belehrend alle Menschen am Spielplatz zum missionieren. Das machen diese Eltern ganz subtil und so zwischendurch.

Stillen bis zum 256ten Lebensmonat…

 

 

 

2. Die Helikopter-Eltern
Die Kinder dieser Eltern wurde von Superman und Wonder Woman gezeugt. Die Eltern sind also stets am Sprung und bereit den Nachwuchs zu schützen. Das macht einen also schon beim Zugucken nervös, denn bei der kleinsten Kleinigkeit wuseln sie sofort zum Lendenspross und sagen: „Pass auf, sonst brichst du dir noch etwas…“ Sie haben neben Desinfektionsspray und Sprühpflaster auch noch den Paribor mit. „Zur Sicherheit – man weiß ja nie…“ Während die Kinder lustig den Kletterturm hinaufhüpfen bekommen sie Schweißausbrüche – oft zuckt das rechte Auge dabei…

Schweißausbruch garantiert!

 


3. Die Karriereeltern

Die haben neben 14 Kindern auch noch beide einen Vollzeitjob. Ihr Hobby ist das Berggolfen, nebenbei machen sie einen Sommelier-Kurs. Am Spielplatz können sie heute nur sein, weil sie Überstunden gemacht haben. Ihr Haus ist sauber. Diese Eltern erzählen eigentlich nur von beruflichen Herausforderungen, aber nie davon, dass sie auch manchmal müde sind und am liebsten alles hinschmeißen würden. Ist „alles eine Frage der Organisation!“ hört man oft von ihnen.  Meistens sind sie top gestylt. Sie lieben teure Polo-Shirts – das zeigt auch ein wenig Understatement. Mit fettigen Haaren habe ich von dieser Spezies Mensch noch nie jemanden gesehen. Das Leben dieser Familien hat sich seit der Entbindung von Kind Nummer 14 so gut wie nicht verändert – sie plaudern gerne über idyllische Weingüter in der Wachau und vom Wochenendhaus in den Bergen. Meistens ist die ganze Familie im gleichen Stil gekleidet. Du bist beeindruckt und denkst dir: „Und ich Versager-Mutter merke mir nicht mal die Namen meiner Kinder…

Berggolfen, was sonst?

 

4. Die Clique
Für diese Eltern ist es das Tages-Highlight sich am Spielplatz zu treffen. Die warten bis es endlich 8.30 wird, dann schwirren sie aus. Darum haben sie ordentlich Proviant mit und tauschen untereinander Stillkekse oder Hirsebällchen. Die meisten sind selbstständig, sonst hätten sie auch keine Zeit ständig auf der Parkbank zu sitzen. Ihre Arbeit erledigen sie dann, wenn die Kinder schlafen. Sie selbst schlafen sie eigentlich nie. Die Kinder sind motorisch topfit – kein Wunder – die hängen hier auch täglich ab.

Twist and Shout!

 

5. Die Nannys
Von diesen Kindern hat man noch nie einen Elternteil am Spielplatz gesehen. Dort ist nämlich immer nur die Nanny, die genervt am Smartphone spielt.

Nicht mein Problem.

 

6. Die „Mein Kind Kann“-Eltern
Es ist unglaublich wie toll ihre Kinder sind: Die waren schon mit einem Jahr sauber und haben sich als Baby sogar schon selbst gewickelt. Sätze leiten diese Eltern prinzipiell mit den Worten: „Also unser Justus Alexander Ferdinand hat in diesem Alter schon…. “ Spätestens dann höre ich im inneren Ohr Musik – meistens Guns N‘ Roses… Mit den Voraussetzungen die dieses Kind mit sich bringt, muss es später mal Staatsanwalt werden. Mindestens. Derzeit schubst das Kind aber die anderen Spielplatzbesucher von der Schaukel. Selber guckt man neidisch auf die eigenen rotzglockigen Versager, die glücklich in der Sandkiste spielen und denkt sich: Vielleicht hab doch nicht alles falsch gemacht.

WIR LERNEN:

Kannst du das Nachhausegehen kaum erwarten,
machs dir gemütlich im eigenen Garten.

12 comments

  1. Was sind denn Stillkekse?

    Das habe ich jetzt davon, dass ich aufgrund meines frechen Mundwerks bei den Mamagrüppchen auf dem Spielplatz nicht mehr mitspielen durfte :-)

  2. Oh gott. So geht es mir auch immer. Ich hasse es
    Aber ich kann das grad noch toppen. Sitze gerade seid 9 Tagen im Familienhotel auf Mallorca! da hilft manchmal nur a göaserl wein um die Eltern zu überstehen! Ög, Bettina

  3. Es ist unglaublich! Ich muss mich jedes Mal auf’s Neue überreden, meiner Tochter zuliebe, zum Spielplatz zu gehen – meist sind wir dann mit dem Laufrad unterwegs und umfahren den Park länger als wir eigentlich schaukeln, klettern, rutschen :-D
    Außer an den Wochenenden, morgens (sie ist eine Frühaufsteherin) so gegen 7, da ist alles wunderbar leer :-))
    Samstag nachmittags gibt es dann noch einen Typ Eltern – die, die auf der Bank oder dem Sandkastenrand mit einem (wahrscheinlich schon dem vierten) Glas Wein sitzen und von der Anzahl her stärker vertreten sind als die Kinder :'(

  4. Christina Scheiber

    hahaha danke für diesen tollen bericht.

    ich hatte heute noch die Testosteron Mama, die bei 3 Kindern mehr Muskeln am Körper hat wie alle Väter zusammen, die sich dort taumeln. Super organisiert mit Spielzeug für die gesamte Sandkiste

    Daneben saß die andere Mutter mit dem Laptop total genervt während ihr 5 jähriger „king of the slide“ war und kein anderes Kind zum Zug kam.

    Nachdem mir der besorgte Vater von Jaqueline erklärt hat dass mein Sohn eventuell hyperaktiv ist und gefälligst mit seinen Spielsachen Sandburgen baut – bin ich dann zum Ausgang, wo das Gatter zum 3. Mal offen stand und mein Kind schon 100 m weiter war –

    auf der Suche nach Fragen und Antworten – und jetzt weiß ich es :D gott sei dank geht´s nur mir nicht so!

  5. Yvonne Hasenbein

    Zum Glück konnten wir vor 3 Jahren diesem Spielplatzwahnsinn den Rücken kehren! Mich haben da mal ernsthaft Mütter gefragt, ob sie den Notarzt rufen sollen, nachdem unsere mittlere kopfüber die Rutsche runter ist und danach Sand im Mund hatte… Ok, viel Sand aber erstickt wäre sie nur an ihren Tränen! . Jetzt leben wir in einer Kleinstadt und haben unseren eigenen Spielplatz im Garten. Alle Nachbarskinder kommen gerne und dürfen auch! Und auch die Mütter/Väter sind deutlich entspannter

  6. Ich könnt mich kaputt lachen über deine Art zu schreiben – ich bin übrigens eine Kreuzung aus Helikopter und Karriere-Mama mit der Ausnahme, dass ich nicht berggolfe und meine Butze leider nie im gewünschten Glanz erstrahlt.
    Freue mich auf mehr von dir und deinem Humor, ist wirklich sehr erfrischend.
    LG und schöne Ostern für dich und deine schreiende Bande zu Hause :)
    Denise

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