Zwillinge – zusammen sind wir unausstehlich

Zusammen sind wir unausstehlich….

Es wird nie so viel gelogen wie bei der Kindererziehung: Ich habe das Gefühl, dass ich von Wunderkindern umgeben bin. Ich höre im weitschichtigen Bekanntenkreis von sechs Monate alten Kindern, die bereits frei laufen können, von Zweijährigen die eine Karriere als Geigenvirtuosen starten und von Fünfjährigen, die fließend fünf Sprachen sprechen…

 

Wenn ich meine beiden Windelterroristen dann anschaue, wie sie sich gegenseitig in der Nase bohren oder in den Schwitzkasten nehmen, dann lächle ich nur müde und nicke beeindruckt. Ich halte natürlich den Mund ob der stolzen Mütter, die das, was sie da erzählen, auch wirklich glauben. Und ich denke mir dann stets meinen Teil…

Umso erfrischender ist es, mit alten Freunden zu plaudern. Mit Menschen die man seit Ewigkeiten kennt und früher nach durchtanzten Nächten oben ohne Taxis stoppte morgens um Fünf noch Hot Dogs essen ging oder ganze Nachmittage im Stadtpark abhing.  Freundin F. ist eine dieser Freundinnen. Und es entspannt sehr, mit ihr zu telefonieren. Sie ist zum dritten Kind schwanger, wohnt leider viel zu weit weg für einen kurzen Kaffeeklatsch, darum sind wir auf einen wöchentlichen Tratsch per Telefon angewiesen. Dieser ist nur dann möglich, wenn alle vier Kinder gesund sind und gut gelaunt. Und diese Gespräche sind dann so unglaublich ehrlich:

Freundin F.: Und? Hören deine auf das, was du ihnen sagst?
Ich: Nein. Deine?
Freundin F.: Überhaupt nicht.
Ich: Das beruhigt mich.

Ja, meine Kinder sind unangepasst. Manchmal richtig schlimm: Sie können schubsen und hauen – einer schreit sowieso immer…. Und eigentlich hören sie nicht so wirklich auf das was ich sage. Liegt vermutlich an den Genen. Oder an einer Phase. Oder was weiß ich… Die halten zusammen wie Pech und Schwefel.  Freundin F. ergeht es ebenso. Sagt sie zumindest immer….

Neulich schafften wir es dann doch uns zu treffen. Inklusive Kinder. Dementsprechend laut war es bei uns im Garten. Und ich war völlig entsetzt über Freundin F.s Kinder, ja beinahe fassungslos: Die waren unglaublich brave Lämmchen im Vergleich zu meinen beiden Windelterroristen!! F.’s Kinder spielten selig und liebevoll miteinander, während meine schwarzen Schäfchen brüllten und schubsten, mit Spielzeug warfen und den braven Engelchen meiner Freundin das Eis aus der Hand rissen. Es gipfelte darin, dass Micky mit dem Bobby-Car über die Rutsche im Garten fahren wollte um eines von F.s Kindern von hinten zu erwischen…

Ich hatte Albträume. Wochenlang.

Freundin F. versicherte mir persönlich und später auch noch am Telefon, dass dieser Nachmittag eine absolute Ausnahme gewesen sei, und normalerweise ihre Kinder immer und überall die schlimmsten seien.

Ich war dennoch niedergeschlagen, denn ich hatte offensichtlich in der Erziehung gröber etwas falsch gemacht. Das beschäftigte mich. Unsere Telefonate gingen trotzdem wie gewohnt weiter. Nur glaubte ich nicht mehr alles, was sie mir erzählte…

Dann – nach Wochen – kam schließlich kürzlich die Gegeneinladung. Vorsorglich stockte ich die Haushaltsversicherung auf eine ansehnliche Summe auf und programmierte vorsichtshalber Telefonnummern von Glaser, Schlosser und dem nächst gelegenen Krankenhaus auf der Kurzwahlliste ein.

Ich hatte irgendwie Angst.

Der Tag der Tage kam. Und als wir bei F. eintrudelten wurden wir sofort von einem Legostein am Kopf begrüßt. F.s Kinder machten klar, wer hier der Chef ist. Der Nachmittag ging so weiter: F.s Kinder zerstörten folgende Gegenstände:

  • einen Blumentopf
  • ein Sektglas
  • einen Gegenstand, der von F. nur als „das Erbstück“ bezeichnet wurde
  • einen Bilderrahmen

Schließlich versenkten F.s Sprösslinge ein Handy im Pool, was in gewisser weise beachtlich war, weil der Pool mindestens vier Meter vom handelnden Kind weit entfernt war. Vermutlich wird er einmal eine Karriere als Speerwerfer starten. Und er wird dabei erfolgreich sein…

Und meine beiden? Ach! Was waren die brav! Diese Engelchen! Sie warfen Kusshändchen um sich und aßen artig mit Messer und Gabel. Beinahe fleckfrei. Mein Mutterherz pochte schnell und stolz, beinahe hätte ich einen Herzinfarkt bekommen….

Was will uns diese kleine Parabel sagen?

Sind Kinder daheim auch eine Straf,
sind sie anderswo oft brav.

Dieser Text ist meiner geliebten Freundin F. gewidment, mit der ich mich künftig nur mehr bei ihr zu Hause treffen werde – egal wie lange die Anfahrt ist…

 

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Wer schreibt hier eigentlich?

Zwillingsmama, Kinderdompteurin, Geburtstagsveranstalterin, Chaosmanagerin und „Mädchen für eh alles“: Unter dem Netz-Pseudonym Anna Attersee schreibe ich hier pädagogisch wertlos über das turbulente Leben mit Kindern – schonungslos ehrlich, denn einer schreit hier bei uns immer… Im richtigen Leben bin ich Journalistin, arbeite im Bereich „Irgendwas mit Medien“ und habe kürzlich mein erstes Buch veröffentlicht. Mehr über mich und unsere Familie findest du HIER.

 

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15 comments

  1. Woanders ist es auch einfach immer spannender. Da gibt es viel tolleres Spielzeug. Sagen meine Zwillinge zumindest.

    Immer, wenn wir zu Besuch sind, seh und höre ich kaum etwas von ihnen. So lammfromm spielen sie gemeinsam. Zu Hause muss immer Mama die Animateuse geben und regelmäßig bei Zweikämpfen dazwischen gehen. Das scheint einfach Naturgesetz.

  2. jaaaa genau… Wenn ich die Stories von daheim erzähle, werde ich nur ungläubig angeguckt – „aber die sind doch sooooooooooooo lieb“ (beide Zwerge natürlich mit treuem-Ich-kann-kein-Wässerchen-trüben-Blick) Daheim? Minihexe und bissiges Rumpelstilzchen… Hören null, angedrohte UND durchgezogene Konsequenzen interessieren NULL! Bei Oma oder im Kiga die liebsten Kinder der Welt, hören, essen ordentlich, räumen auf, knatschen nicht….sehr sehr komisch… :P

  3. Genauso und nicht anders, ist wohl überall so. Wo anders sind sie sooooooooo brav und zu Hause wird alles auseinander genommen. Schöne, dass wir herrlich normal sind

  4. Völlig normal. Unsere (2 1/4J) sind schon in der Kita lammfromm. Aber daheim… *seufz* Lieblingsspruch meiner Tochter zur Zeit: „Ich bin lieb“. Und dann geht’s los. Nicht immer sofort, manchmal mit einer minutenlangen Pause.

  5. Kenn ich nur allzu gut :)

  6. Original wie bei uns! Zuhause (oder bei Opa und Oma -fast wie Zuhause) sind sie die schlimmsten kleinen Monster die man sich vorstellen kann- alles was tabu ist wird mit größter Begeisterung gemacht. Auf „fremden Land“ sind sie die süßesten kleinen Engel die man sich nur wünschen kann! Kein Hauen, kein Streit, NICHTS!Somit bin in letzter Zeit sehr viel bei anderen Leuten zu Besuch

  7. Wundervoll!

  8. Danke für diesen wunderbaren Text! Habe gerade herzlich gelacht. (Nachdem ich einen sehr anstrengenden Morgen mit meinen randalierenden Zwillingen (18 M) hatte, puh) :-)

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