Ich war hochbegabt – meine Kinder sind das offensichtlich nicht…

Ich war früher mal hochbegabt…. glaubt man meiner Mutter.

Was meine Entwicklung betrifft, so berichtet die Nachwelt Erstaunliches: Im Alter von einem Jahr lief ich die Treppen von Kirchtürmen hinauf, kochte mir mit Eineinhalb selbst meinen Grießbrei und im Alter von zwei Jahren sprach ich bereits fließend – auch Chinesisch. Ich konnte schon im Alter von drei meinen Namen nicht nur tanzen sondern auch buchstabieren. Das ist doch durchaus beachtlich, oder?

Vielleicht lag mein frühes Genie ja am damaligen Waschmittel...
Vielleicht lag mein frühes Genie ja am damaligen Waschmittel…

 

Zwischen der Erstbesteigung des Großglockners und der Druchwanderung der Wüste Gobi – ohne Sauerstoff und Windel – schrieb ich auch noch nebenbei ein kleines Büchlein. Ihr kennt es vielleicht: Krieg und Frieden. Ich schrieb es unter einem Pseudonym, weil ich schon damals gerne ein Privatleben führte. Leidenschaftlich gerne hätte ich ja länger geschrieben. Teil 2 wurde kurz vor meiner Kindergarten-Eingewöhnung aber  verhindert, weil mich die Eltern zu all den minderbegabten Klugscheißern mit ihren widerlichen Rotzglocken steckten.

Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit, sagt der Lateiner wenn er Deutsch kann. Oder eben: Veritas filia temporis. Ein Zitat, das von mir stammen könnte – als ich vier war. Der Lateiner weiß ebenso wie ich schon damals: Rückblickend sind die Wiesen grün und die Blumen bunt – sogar in einer kargen Dürreperiode.

Meine Ideen waren schon immer die besten…

Meine zwei Windelterroristen sind im Verlgeich zu mir und meinem frühkindlichen Genie ziemliche Versager. Einfach so verflucht durchschnittlich. Und so schecklich normal. Und so gar nicht ihrer Zeit voraus. Ich und so ziemlich alle anderen Kinder in Nachbarschaft und Freundeskreis waren da natürlich völlig anders: Ich höre von Zweijährigen, die schon trocken sind und von Sechsjährigen, die gerne Violine spielen. Im entfernten Bekanntenkreis wurde von Babys berichtet, die sich sogar selber wickeln…

Verdammt! Ich mache beim eingenen popeligen Nachwuchs wohl offensichtlich etwas gröber falsch.

Da drängt sich mir natürlich eine Frage auf: Bin ich eine schlechte Mutter? Meine Kinder konnten erst mit 18 Monaten laufen und ich gehe nicht in die englische Spielgruppe mit ihnen. Hätte auch keinen Sinn, weil sie generell wenig sprechen, dafür aber gerne in der Nase bohren. Meine Kinder essen kein Sushi, dafür aber leidenschaftlich gerne Regenwürmer und sie kritzeln äußerst kafkaesk Wände an, anstatt Buchstaben zu malen. Auch Babyschwimmen war uns mit Zwillingen leider versagt. Soja-Milch mögen die nicht, dafür lachen sie wenn sie furzen. Dabei hatte ich vor der Geburt der Kinder doch die besten Vorsätze was Frühförderung und Kindeserziehung angeht.

Wenn ich all den Geschichten von den unglaublichen Fortschritten des fremden  und offensichtlich hochbegabten Nachwuchses lausche, so frage ich mich nur eines: Bei all dem frühkindlichen Genie – wo kommen nur diese dummen Erwachsenen her, die all das, was sie über ihre Kinder berichten, auch wirklich glauben?

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Noch mehr Mommywars?

15 comments

  1. JA! JA! JA!!!!!!!
    So wahr. So so sooooo wahr!
    Ich verbeuge mich!

  2. haha sehr genial. :-D

    du sprichst mir aus der Seele meine liebe.

  3. Ja, das treibt mich ja schon lange um, aber i ch hätte es nie so gut in Worte fassen können! Danke!!!

  4. Hier das gleiche Drama. Statt gebannt zu lauschen wie ich ihr „Quo Vadis“ von Henyrk Sienkiewicz vorlese will sie das Buch lieber essen. Ich glaube ich stecke meine Einjärhige in Therapie. Da läuft doch was schief!!

  5. Haha! Ich denk auch man soll die Kinder mal ganz alleine ihr Tempo machen lassen. Ist bisher noch jeder gesunde Grundschüler zu Fuß und ohne Windel in der ersten Klasse erschienen. Der eine ist schnell, der andere langsam. Komplett egal. Mich hat es beim ersten Kind echt gestresst, als die Altersgenossen schon alle auf Toilette gingen. Der Sohn hat sich da Zeit gelassen und war dann aber von jetzt auf gleich ohne große Zwischenfälle trocken. Und obwohl ich mit meinen drei Kindern keinen Kurs (kein schwimmen, keineMusik, keine Frühförderung usw) gemacht habe bisher, stehen sie anderen Kindern die schon früh gefördert/gefordert wurden in nichts nach. Lasst die Kinder Kinder sein und freut euch über alles was sie so machen. Vergleichen finde ich nur gut, wenn es dazu dient das Wesen der einzelnen Kinder zu erkennen. Das ist wichtig. Nicht das rein interpretieren.

  6. Ganz ehrlich… wegen solcher Blogs trauen sich Mütter wie ich eine potentielle höher Begabung des Kindes laut auszusprechen. Weil man nicht zu den dummen Erwachsenen gehören will, die ihre Kinder in den Himmel loben. Als wäre ein höheres Potential oder schnelle Entwicklung eines Kindes etwas schlechtes.
    Ja, vermutlich heben manche (oder auch viele) elitäre Eltern ihre Kinder in den Himmel und dichten ihnen eine Hochbegabung an, wo keine ist.
    Sie jedoch zu ignorieren kann ebenso falsch sein, wie ich nun lernen musste.
    Aber darum sind doch weder die einen, noch die anderen Mütter schlecht??? Wirklich höher begabte Kinder entwickeln sich von ganz alleine. Aufhalten kann und sollte man sie nicht. Und nur weil es bei anderen Kindern nicht so schnell geht, sagt es rein gar nichts über die Mutterqualitäten. Da haben weder die einen, noch die anderen ein Recht zu urteilen. Meines erachtens rechtfertigen sich Mütter von ganz durchschnittlich begabten Kindern viel zu sehr. Aber warum??? Warum ist Erziehung ein Wettbewerb, wenn doch jedes Kind und jeder Erwachsene so individuell ist, wie jedes Sandkorn am Strand?
    Aber muss ich mich schämen und verstecken, weil mein Kind tatsächlich mit 11 Monaten lief, mit 20 Monaten trocken war, mit 4 bis 1000 zählt und rechnet konnte und mit 5 liest??? Ich habe sie ja nicht gezwungen oder sie angetrieben zu üben. Sie macht es von alleine. Das hat nichts mit glauben zu tun. Und wer bin ich das aufhalten zu wollen, nur weil andere neidisch werden???

    • Sorry für den Doppelkommentar. Konnte ihn nicht mehr bearbeiten und meine Tippfehler korrigieren. Diesen sonst vielleicht löschen?

  7. Ganz ehrlich… wegen solcher Blogs trauen sich Mütter wie ich eine potentielle höher Begabung des Kindes nicht laut auszusprechen. Weil man nicht zu den dummen Erwachsenen gehören will, die ihre Kinder in den Himmel loben. Als wäre ein höheres Potential oder schnelle Entwicklung eines Kindes etwas schlechtes.
    Ja, vermutlich heben manche (oder auch viele) elitäre Eltern ihre Kinder in den Himmel und dichten ihnen eine Hochbegabung an, wo keine ist.
    Sie jedoch zu ignorieren kann ebenso falsch sein, wie ich nun lernen musste.
    Aber darum sind doch weder die einen, noch die anderen Mütter schlecht??? Wirklich höher begabte Kinder entwickeln sich von ganz alleine. Aufhalten kann und sollte man sie nicht. Und nur weil es bei anderen Kindern nicht so schnell geht, sagt es rein gar nichts über die Mutterqualitäten. Da haben weder die einen, noch die anderen ein Recht zu urteilen. Meines Erachtens rechtfertigen sich Mütter von ganz durchschnittlich begabten Kindern viel zu sehr. Aber warum??? Warum ist Erziehung ein Wettbewerb, wenn doch jedes Kind und jeder Erwachsene so individuell ist, wie jedes Sandkorn am Strand?
    Aber muss ich mich schämen und verstecken, weil mein Kind tatsächlich mit 11 Monaten lief, mit 20 Monaten trocken war, mit 4 Jahren bis 1000 zählt und rechnen konnte und mit 5 liest??? Ich habe sie ja nicht gezwungen oder sie angetrieben zu üben. Sie macht es von alleine. Das hat nichts mit glauben zu tun. Und wer bin ich das aufhalten zu wollen, nur weil andere neidisch werden???

    • Liebe Anna!

      Nicht dieser Blogbeitrag sondern diese Eltern, die ständig mit ihren Kindern angeben, sind dein Problem. Du willst – so schreibst du selber – nicht zu diesen Eltern gehören, die einen Wettbewerb aus der Erziehung machen. Verstehe also die Kritik an dem Beitrag nicht… Der macht sich doch über die Wettbewerb-Eltern lustig….
      VLG

    • In England sieht man es fast an jeder Straße: „Look both ways“.

      Ich persönlich kann sowohl dich Anna als auch die Autorin verstehen.

      Einige Eltern sind wirklich so, das Kind muss in der Schule der/die Beste sein und dann wird ein Aufhebens darum gemacht. Dann schaut man hinter die Fassade und muss erkennen, dass die Kinder nur die Kompensation des eigenen Versagens oder der „guten“ Mittelmäßigkeit sind, welche durch gezielte Nachhilfe auf das Gymnasium verfrachtet werden.

      Auf der anderen Seite müssen sich Eltern wissenshungriger Kinder ständig rechtfertigen, da sie mit den o.g. Eltern in einen Topf geworfen werden. Das Verfallen in eine Rechtfertigungshaltung macht dann meist auch nicht vor enger Verwandschaft halt. Einem wird schlicht weg nicht gelaubt, dass das Kind mit 5 Jahren gesagt hat: „Mama mir gefällt das Instrument, ich will es lernen“.

      Die Kinder sind die Leittragenden, sowohl von überambitionierten Eltern als auch die Wissenshungrigen. Sie werden in Schubladen von anderen bzw. ihren eigenen Eltern gepresst und können sich nicht selbst entfallten.

  8. Isabell Séthy

    So war! Ich liebe den letzteb Satz!
    Glg Isabell

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