Expert:inneninterview: Sieben Fakten, die du vor dem nächsten Schuhkauf wissen solltest

Der Frühling hat bereits begonnen und es wird Zeit, die Winterschuhe langsam, aber sicher gegen leichte Übergangsschuhe oder Sommerschuhe zu tauschen. Während bei uns Erwachsenen – zumindest theoretisch –
auch die Schuhe vom Vorjahr noch getragen werden könnten, besteht bei Kindern wirklich die Notwendigkeit, neue Schuhe zu kaufen, denn Kinderfüße wachsen und wachsen und wachsen. Rechtzeitig vor dem Kauf der neuen Kinderschuhe für Frühling und Sommer haben wir Physiotherapeutin Julia Blanzano, die sich mit „Senfgelb und barfuss Physiotherapie“ auf Kinderfüße spezialisiert hat, um Tipps für den Kauf von Kinderschuhen gebeten und Neues erfahren.

1.Wann ist es Zeit für Babys erste Schuhe?

„Babys sollten von Geburt an möglichst viel Zeit barfuß ohne Socken verbringen. Das ist wichtig, damit die Kinder möglichst viel Wahrnehmungserfahrung machen können und auch die Fußmuskulatur des Babys wird so schon trainiert. Die ersten Schuhe sollten Kinder optimalerweise erst dann tragen, wenn sie mindestens 9-12 Wochen frei gegangen sind. Das ist notwendig, damit die Kinder die Möglichkeit haben zu lernen, wie man abrollt und wie die stoßdämpfende Wirkung des
Fußes funktioniert. Vor allem aber, damit sich die Fußmuskulatur gut entwickeln kann. Möglichkeiten um die kalte Jahreszeit, heißen Asphalt oder nasse Wiesen ohne Schuhe zu überbrücken, gibt es einige.

2. Der Schuhkauf steht an – worauf muss ich achten?

„Wichtig ist, dass Schuhe eine möglichst dünne Sohle haben. Die Sohle sollte man aufrollen und auch der Länge nach knicken können. Ein
Fußbett wie in Turnschuhen und  „Absätze“ jeder Art sollten für eine natürliche und physiologische Fußentwicklung vermieden werden. Auch bei Turnschuhen und Winterschuhen kann man leider oft sehen, dass die Sohle unter der Ferse dicker ist als im Vorfußbereich. Außerdem ist es
wichtig, dass im Bereich der Zehen viel Platz ist, damit sich die Zehen gut auffächern können. Diese Kriterien werden beispielsweise von vielen (aber nicht allen) Barfußschuhmarken erfüllt.“

3. Tun es billige Schuhe auch?

„Wenn die oben genannten Kriterien erfüllt sind, könnte rein aus entwicklungstechnischer/motorischer Sicht betrachtet auch ein günstiger Schuh gut sein. Denkt man auch ein bisschen in Richtung
Schadstoffbelastung, verwendete Materialien, Nachhaltigkeit und Arbeitsbedingungen, unter denen die Schuhe produziert und verkauft
werden, muss man natürlich schon ein bisschen mehr Geld in die Hand nehmen.“

4. Darf mein Kind die Schuhe des älteren Geschwisterkindes nachtragen?

„Bei Schuhen aus dem Barfußschuh- bzw. Minimalschuhbereich ist es auf Grund der dünnen Sohle und dem nicht vorhanden Fußbett auch möglich, Schuhe nachzutragen, wenn sie in Breite und Länge zum Fuß des
Geschwisterkindes passen. Wichtig, ist dass die Sohle nicht schief abgenutzt ist.“

Julia Blanzano ist Expertin für Kinderfüße. (Fotocredit: Johannes Sommer/Agentur Herzblut)

5. Wie ermittle ich die richtige Schuhgröße?

„Ganz wichtig: Schuhgrößen sind nicht genormt. Größe 25 von einer Marke
ist nicht Größe 25 einer anderen Marke. Außerdem ist die Breite des Fußes genauso wichtig wie die Länge – beides muss beim Schuhkauf beachtet werden. Die beste Möglichkeit, passende Schuhe zu finden, ist
die Fußlänge und -breite zu vermessen. Dafür gibt es mittlerweile einige Messgeräte, die gut funktionieren. In der Länge werden dann – je nach Alter des Kindes – 12-17 mm Abrollraum dazu gerechnet, in der Breite brauchen wir 2-4 mm mehr Platz.“

6. Wie viele Zentimeter wachsen Kinderfüße durchschnittlich pro Jahr?

„Kinderfüße im Kindergartenalter wachsen im Monat ca. 1 mm. Davor ist es ein bisschen mehr, danach ein bisschen weniger. Allerdings kann es auch sein, dass einige Monate nichts passiert und die Kinder dann innerhalb weniger Wochen mehrere mm an Fußlänge dazu gewinnen. Deshalb empfehle ich, mindestens monatlich die Füße und Schuhe nachzumessen.
Laut verschiedener Studien tragen knapp 80 Prozent der Kinder zu kleine und unpassende Schuhe, sogar knapp 90 Prozent sind es bei den Hausschuhen. Hausschuhe aus Kindergarten und Schule sollten deshalb regelmäßig mit
nachhause genommen und nachgemessen werden. Im Herbst ein Paar Hausschuhe mitzuschicken und im darauffolgenden Herbst zu ersetzen, reicht in der Regel nicht.“

7. Stichwort Hausschuhe für Kindergarten und Schule – welche Art von Hausschuhen empfiehlst du?

„Wichtig ist auch hier, dass der Hausschuh in Länge und Breite zum Fuß passt. Gängige Lederpatschen sind da leider meist nicht passend. Unser V-förmiger Fuß passt in die meist runde Zehenbox nicht optimal hinein. Vor allem der große Zeh kann seine wichtigen
Funktionen so nicht erfüllen. Außerdem schiebt der Gummizug an der Ferse den Fuß im Patschen nach vorne. Die Zehen haben so nach vorne keinen Abrollspielraum und können gestaucht werden, auch wenn man den Patschen von der Länge her eigentlich lang genug kauft. Platz ist dafür hinten an der Ferse, wo wir ihn nicht brauchen.

Meine große Tochter trägt aktuell Hausschuhe, die alle Barfußkriterien erfüllen (für unter 20 Euro) und in Länge und Breite zum Fuß passen in der Schule. Sollte das irgendwann nicht mehr „cool“ genug sein, werden wir auf Barfußschuhsandalen wechseln. Mittlerweile gibt es – dank der unzähligen verschiedenen Marken –  schon für fast alle Verwendungszwecke Barfußschuhe und für alle Geschmäcker sowieso.“

Kinderschuhe für den Frühling

Wer schreibt hier eigentlich?

Vier Kinder, zwei Katzen, ein Mann: Das Leben in der Grazer Vorstadt ist für PR-Profi Barbara nie langweilig. Wenn sie nicht als Mama-Taxi ihre Kinder von A nach B kutschiert, plant sie Reisen und Wanderrouten. Sie liebt Bücher und findet manchmal sogar Zeit eines zu lesen. 

 

3 comments

  1. Danke für die wertvollen Tipps!

  2. Danke für die Tipps! Verrätst du welche Hausschuhe es sind?

  3. Hallo, vielen Dank für die super Tipps. Mich würde auch brennend interessieren welche Hausschuhe das sind? Danke Dir, Tina

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