Im April 2015 hat sich mein Alltag schlagartig geändert. Nachdem ich in der Zwillingsschwangerschaft ein Beschäftigungsverbot bekam, danach eine zweijährige Elternzeit nahm, an die sich nahtlos eine weitere zweijährige Elternzeit anschloss bin ich nicht mehr berufstätig – ich bin „nur noch“ Hausfrau und Mutter. Viele, vor allem kinderlose Freunde und Kollegen hätten sich das bei mir niemals vorstellen können und necken mich gerne mit besonders qualifizierten Kommentaren wie „Mir wäre das ja zu langweilig, nur Zuhause zu sitzen“ oder „Was machst du denn den ganzen Tag?“.
Tja, was mache ich den ganzen Tag? Erfülle ich tatsächlich die blumigen Vorurteile der Ahnungslosen und liege bis 10 Uhr im Familienbett, gehe vom Frühstückstisch direkt zum Brunch über verbringe die Nachmittage mit hochpädagogischen Lernspielen auf der Krabbeldecke? Eine besonders liebe Kollegin meinte mal „Warum putzt du denn ständig, irgendwann hat man doch alles sauber?!“.
Dazu möchte ich sagen: Haha, haaaahaaahaaaaaa! Tatsächlich erscheint mir im Nachhinein so ein Arbeitstag von 8 bis 10 Stunden im Büro wie ein gemütlicher Ausgleich zum Familienalltag – man kann schließlich die meiste Zeit auf dem Hintern sitzen! Früher bestand meine größte Leistung in Sachen „Multitasking“ darin, die Speisekarte des Pizzadienstes für die Mittagspause zu studieren, während ein wütender Kunde seinen Frust über den morgendlichen Streit mit seiner herrischen Ehefrau in Form einer Reklamation über das Headset in mein Ohr brüllte. Auch dieses Gebrüll erscheint mir mit etwas Abstand betrachtet ziemlich entspannt, denn irgendwann war auch so ein Gespräch zu Ende und ich konnte auflegen. Mit den Kindern gestaltet sich das eher schwierig. Auch wenn ich während eines gewaltigen Trotzanfalles die Klotür hinter mir schließe um kurz durchzuatmen – traue ich mich wieder hinaus stehen die Kinder trotzdem noch da. Ein Teufelskreis, aus dem es kein Entrinnen gibt.
Zugegeben, der Alltag in der Elternzeit mag für einige Unaufgeklärte seine Vorzüge bieten, man macht was man will, wann man will. Gäbe es dabei nicht ein kleines Problem: die Kinder! Sobald man sich diese winzigen Chefs ins Haus holt fühlt man sich, als bekäme an ein Wochenprojekt aufgebrummt und ganze 4 Stunden Zeit dafür. Klopausen ausgeschlossen, versteht sich. Es kommt wie es kommen muss, um allem gerecht zu werden entwickelt man Überlebensstrategien, die verhindern sollen, dass man sich oder schlimmstenfalls ein Kind im Chaos oder Terminstress verliert. Wie lautet die Steigerung von Multitasking? Richtig, Mutti-tasking!
Wir Mütter wissen, wie man einen Einkaufszettel schreibt, während man kocht, einen Friseurtermin für die ganze Bande vereinbart und mit der freien Hand kleine Nasen putzt und Dreckschnuten mit dem Feuchttuch reinigt. Während einer Autofahrt erledigt man wichtige Telefonate, hört sich Geschichten aus dem Kindergarten an und geht im Kopf den Ablauf des weiteren Tages durch. Nur Mamis wissen wie es ist eine Wohnung zu putzen mit einem zahnenden Baby im Tragetuch, wodurch man sich auch ganz effizient das Fitnessstudio spart. Es grenzt an eine logistische Meisterleistung frische Wäsche für vier Kinder und zwei Erwachsene bereit zu halten (wobei IMMER die Lieblingsklamotten sauber sein müssen!), einen Monatsvorrat Zahnpasta in 3 verschiedenen Geschmacksrichtungen auf Lager bereit stehen zu haben und unter allen Umständen zu verhindern, dass jemals das Klopapier ausgeht. Jeder Diplomat würde vor Neid erblassen, wenn er die friedlichen Machtkämpfe erleben würde, die allmorgendlich das Anziehen zweier zusammenpassender Socken auslöst, während Mama ganz nebenbei die Brotboxen, mehrere Liter Kaffee und sich selbst für den Tag vorbereitet. Während ich diese Zeilen tippte, bin ich 8 mal aufgestanden, habe dem hausausgabenmachenden Kind den Anspitzer zu suchen (der genau vor ihm stand), habe zwei Telefonate geführt und die aus dem Bett geflüchteten Mittagsschläfer eingefangen und sanft zurück in die Kissen befördert. Auf meinem Handy befinden sich 6 Anfragen für gemeinsame Ausflüge mit anderen Müttern und simplen Verabredungen zum Kaffee, die ich in verschiedenen Farben in den Familienkalender eintragen muss, sofern sich irgendwo eine Lücke bietet. Sind die Kinder irgendwann im Bett, nachdem Hunger, Durst und dringende Klogänge mehrfach erledigt sind, wird die restliche Hausarbeit erledigt und nebenbei mit halbem Auge die Lieblingsserie verfolgt, denn selbst im Halbschlaf ist man als Mutter noch so effizient wie eben möglich. Wer glaubt ein Tintenfisch hätte viele Arme, der müsste mal eine Zwillingsmutter beim Wocheneinkauf mit Kindern beobachten!
Das klingt doch völlig entspannt, so ein Hausfrauenalltag, oder? Wünsche ich mir mein altes Leben zurück? Möchte ich raus aus diesem Hamsterrad? Ganz sicher nicht, denn dieser Job wird so gut bezahlt wie kein anderer, nämlich mit lautem Kinderlachen und einer Flut an Gute-Nach-Küssen – gerne alles gleichzeitig, multiknuddeling, denn davon gibt es nie zu viel!