Denise ist mit Zwillingen schwanger. Bevor die bald-3-fach Mama aber im Chaos versinkt, hat sie eben noch ein Buch über ihre erste (Einlings-) Schwangerschaft geschrieben: „Baby im Bauch, Chaos im Kopf“. Denise ist eine jener Mütter, die ihrem Gefühl vertraut und ihren Körper gut kennt. Sie lebt mit ihrer Familie im Norden von München. Ihr erstes Kind hat sie windelfrei erzogen – doch wie stellt sich die Bald-Mama das mit Zwillingen vor?
Wie geht es dir?
Ich bin derzeit wegen vorzeitiger Wehen krank geschrieben. Man merkt bei Zwillingen, dass der Körper eben viel mehr leistet als nur mit einem Kind. Es ist gut, einen Gang zurückzuschalten. Ich bin im Moment in der 33. Schwangerschaftswoche: Der große Unterschied momentan zur vorherigen Schwangerschaft ist, dass der Bauch viel schwerer ist. Beim Umdrehen in der Nacht müssen die Hände den Bauch stützen, damit er mitkommt, sonst würde er gefühlt einfach liegen bleiben.
Wie unterscheidet sich die Zwillingsschwangerschaft von der Einlingsschwangerschaft?
Ich war dieses Mal total entspannt vom ersten Moment an. Ich wusste genau, dass ich schwanger war. Die Vorzeichen kannte ich. Ich habe dieses Mal keinen Schwangerschaftstest gekauft und irgendwann in aller Ruhe einen Arzttermin ausgemacht – rein formal, um die Schwangerschaft zu bestätigen. Die Ärztin bat mich auf den Untersuchungsstuhl zum Ultraschall. Ich war tiefenentspannt. Ich wusste, dass es am Anfang einen vaginalen Ultraschall gibt. Ich wusste, was mich auf dem Ultraschallbild erwartet.
Die Ärztin und ich blickten auf den Monitor. Ich erstarrte. Da war etwas, das so ganz anders aussah als ich es kannte! Ich sah es auf den ersten Blick: Es sind zwei!
„Oh, das ist ja eine Überraschung“, sagte die Ärztin erfreut.
„Sch …“, murmelte ich, meine Augen noch immer starr auf den Monitor gerichtet.
„Es werden Zwillinge“, trällerte die Ärztin.
Ich verstummte. All meine Zukunftsvorstellungen änderten sich schlagartig. Wann sollte ich in den ersten zwei Jahren jemals wieder ausreichend Schlaf bekommen? Wann sollte ich es schaffen, etwas zu essen? Wann sollte ich jemals ein zweites Buch schreiben? Das hatte ich mir für die Schlafenszeiten des zweiten Kindes vorgenommen. Doch bei Zwillingen ist alles anders: Die schlafen nur abwechselnd, da war ich mir sicher. Zumindest hatte ich noch nichts Gegenteiliges gehört … Zum Essen würde ich gar nicht mehr kommen, zum Buch schreiben erst recht nicht! Vor allem bezüglich der ersten zwei Jahre nach der Geburt machte ich mir Sorgen.
Es dauerte drei Wochen, bis ich mich freuen konnte und zu meiner entspannten Haltung zurückfand. Jetzt bin ich wieder die Ruhe in Person mit vollem Vertrauen in mich und die Rolle als zukünftige Mutter von dreien.
Du hat bei deinem „Einling“ Tragen und Windelfreiheit praktiziert. Willst du das mit den Zwillingen auch?
Ich weiß es noch nicht genau. Ich liebe unser Familienbett und hoffe, dass wir alle zusammen dort schlafen können. Ich kann mir auch das Tragen von Zweien gleichzeitig eine Zeit lang vorstellen und auch die Windelfreiheit mit beiden.
Aber alles ganz entspannt! Wenn etwas nicht gehen sollte oder wenn meine Kräfte irgendwann dafür nicht ausreichen, dann geht es eben nicht oder nur teilweise. Das lasse ich auf mich zukommen.
Auch hier gilt es wieder, den eigenen Weg zu finden – angepasst an die neue Situation und die Bedürfnisse der drei Kinder sowie uns Eltern.
Aber lass und mal über dein Buch sprechen: Wie kam es dazu?
Ich wollte schon immer ein Buch schreiben, doch mir fehlte lange ein Thema, das spannend genug war. Mit meiner ersten Schwangerschaft änderte sich das. Da gab es viel Neues, Ungewohntes, Verwirrendes und ich hatte einige bedeutende Erkenntnisse, so dass ich anfing Tagebuch zu schreiben. Das bildete letztlich die Grundlage für mein Buch.
Gegen Ende der Schwangerschaft schrieb ich meine Kollegen eine witzige Abschiedsmail. Daraufhin ermutigten mich einige, ein Buch zu schreiben. Als ich dann im Mutterschutz ging, überlegte ich, wie ich die Elternzeit verbringen wollte – außer mit der Mutterrolle – und ich beschloss, ein Buch aus meinen Tagebucheinträgen zu machen und damit meinen lang ersehnten Traum zu erfüllen. Mittlerweile habe ich das Buch veröffentlicht. Es heißt „Baby im Bauch, Chaos im Kopf“.
Was war dir wichtig, dass es in dem Buch vorkommt?
In meiner ersten Schwangerschaft habe ich teilweise gegensätzliche Ratschläge von Freunden und Verwandten bekommen, was richtig und was falsch sei beim Umgang mit dem Kind. Also habe ich mich auf die Suche gemacht nach dem, was sich für mich richtig anfühlt.
Dabei hatte ich zunehmend die Erkenntnis, dass manches, was in unserer Kultur als falsch und schädlich gilt, in anderen Kulturen als normal und richtig gelebt wird. Ich begann, die Standards der westlichen Welt im Umgang mit dem Kind zu hinterfragen und wollte zunehmend auch andere werdende Eltern ermutigen, ihren eigenen Weg zu finden – unabhängig von kulturellen Vorgaben.
Hast du dafür konkrete Beispiele?
Kinderwagen, Kinderbett und Windeln zählen zum Beispiel zum Standard. Ich fragte mich aber damals, warum es für ein Kind schlecht seien sollte, länger als ein Jahr im Elternbett zu schlafen, oder ob es möglich sei, ohne Kinderwagen auszukommen und das Baby ausschließlich zu tragen. Ich habe erfahren, dass Babys ihre Ausscheidungen von Geburt an kontrollieren können und man quasi ohne Windeln auskommen kann. Generell gelangte ich zu der Erkenntnis, dass Babys von Geburt an genau wissen, was sie brauchen, und das kommunizieren können.
Ich hatte das Gefühl, dass diese Sachen kaum jemand hierzulande kannte oder die Standards hinterfragte. Das wollte ich ändern.
Mir ist es dabei nicht wichtig, dass die Leser genau dieselben Entscheidungen treffen wie ich. Aber ich wollte, dass werdende Eltern darüber nachdenken, was sie wirklich wollen, was ihnen und ihrem Baby guttut und sich dann für ihren Weg entscheiden, der ihrem Gefühl entspricht – was nicht notwendigerweise gleichzusetzen ist mit den Standards der Gesellschaft.
Konntest du deine Vorstellungen vom Leben ohne Kinderwagen, Kinderbett und Windeln umsetzen?
Tatsächlich ja. Wir brauchten keinen Kinderwagen und haben unseren Sohn ausschließlich getragen. Wir hatten Glück, dass er ein sehr zierliches, leichtes Kind war, das auch jetzt mit drei Jahren erst 13 Kilogramm wiegt. Das Tragen tat uns allen sehr gut und auch das gemeinsame Schlafen im Familienbett genießen wir bis heute sehr.
Windelfreiheit war ein bisschen schwieriger umzusetzen, wobei wir nicht ganz auf Windeln verzichteten, sondern Mullwindeln verwendeten. Wichtig war uns vor allem, auf die Signale unseres Sohnes zu achten. Wenn die Kommunikation klappte, war das ein wundervolles Gefühl. Die Überzeugung, dass der Weg für uns richtig war, half uns dabei zu bleiben – auch in schwierigen Phasen, in denen so manches daneben ging.
Wie ist das Feedback der Leser?
Die Rückmeldungen, die ich bisher bekam, waren allesamt positiv. Viele frisch gebackene Mütter erkennen sich in den Beschreibungen meiner Schwangerschaft wieder. Einige Schwangere fühlen sich bestätigt darin, ihren eigenen Weg zu gehen. Manche finden neue Anregungen in dem Buch für sich. Das freut mich besonders.
Witzig sind auch die Rückmeldungen einiger Leser, die „mich“ mit ins Bett nahmen und dann nicht mehr aufhören konnten zu lesen. Andere lasen mein Buch in der Badewanne und bekamen schrumpelige Füße, weil sie immer weiterlesen wollten. Tiefe Augenringe und Schrumpelfüße sind in diesem Zusammenhang große Komplimente für mich.
Welche Szene magst du selber am liebsten?
Am liebsten mag ich die Szene, in der mein Freund und ich zum ersten Mal zusammen zum Frauenarzt gehen. Als wir zum ersten Mal zu zweit im Wartezimmer warteten, als wir zu zweit ins Behandlungszimmer gingen und ich auf die Frage, warum wir hier seien, nicht selber antwortete. „Wir sind schwanger!“, platzte es aus meinem Freund heraus. Anstatt der erwarteten höflichen Gratulation fragte die Ärztin, woher wir das wüssten. Ich war kurz geneigt, ihr zu antworten, dass wir uns am Tag zuvor das erste Mal geküsst haben, und da müsste es passiert sein. Aber das traute ich mich dann doch nicht.
Auch das Erstgespräch mit der Hebamme liebe ich. Die Hebamme erklärte mir, dass ich darauf achten sollte, kein rohes Fleisch, keinen rohen Fisch und keine rohen Eier zu essen. Ich musste grinsen. „Rohe Eier! Wer isst denn sowas?“, platzte es aus mir heraus. Ihr Mund spitzte sich zu und ihr Blick bekam etwas Strenges und zugleich Strafendes. In diesem Moment fragte ich mich, ob sie vielleicht gelegentlich ein rohes Ei aß. Daraufhin klärte sie mich auf, dass rohe Eier beispielsweise in Tiramisu und Mousse au Chocolat enthalten seien.
Ich war so unwissend! Gleiches passierte beim rohen Fleisch. „Aber rohes Fleisch? Das esse ich nun wirklich nicht“, lachte ich, „wir sind ja nicht mehr in der Steinzeit, wir haben einen Herd!“
Die Hebamme hatte sichtlich keine Freude. Ihre Lippen verschmälern sich. „Rohes Fleisch ist beispielsweise Carpaccio, roher Schinken und Schinkenspeck, aber auch in Teewurst, eigentlich in Aufschnittware aller Art enthalten. Jede Wurst zählt dazu, die nicht gekocht ist“, erklärte sie genervt.
„Ehrlich?“ Ich staunte darüber, was ich plötzlich alles nicht mehr essen durfte, wie wenig ich mir bisher über die Herstellung und Zusammensetzung von Lebensmitteln Gedanken gemacht hatte und fragte mich, was ich denn überhaupt noch essen dürfte – und warum diese Frau sich solche Erstgespräche mit völlig unbedarften werdenden Eltern überhaupt antat.
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