Claudia Riedler schreibt hauptberuflich Biografien und gibt Tipps wie auch du das kannst.

Autobiografisches Schreiben: 11 Tipps für Anfänger und Profis, wie du Erinnerungen an deine Kinder aufschreiben kannst

Oh, wie waren sie damals süß. Oder: Hilfe, war das anstrengend, als die Zähne kamen! Der erste Schultag – kannst du dich noch erinnern? Nein? Beim Blättern in den Fotobüchern kommen die Erinnerungen zurück, aber vielleicht nicht alle. Was war nochmal die erste feste Nahrung, die unsere Babys gegessen haben? Wer mochte lieber Karotten und wer Pastinaken? Und wer von den beiden ist als erster gekrabbelt? Im Trubel der täglichen Ereignisse kann man schon das eine oder andere Detail vergessen. Das ist ganz normal. Glücklich sind dann jene Eltern, die ein Tagebuch geführt haben. Das Tagebuch ist die bekannteste und beliebteste Form des biografischen Schreibens. Das muss kein hochprofessioneller Blog sein wie einerschreitimmer.com, sondern einfach ein paar Aufzeichnungen, die beim Erinnern helfen. Mit diesen Tipps fällt es gleich viel leichter. Tipps dazu gibt heute Claudia Riedler, hauptberufliche Autorin von Biographien. Im Interveiw sowie in Online-Kursen gibt sie Tipps, wie man selber Erinnerungen festhält. 

11. Beginnen.

Egal, wie alt die Kinder jetzt sind, beginnen ist jederzeit möglich. Am besten ist es natürlich, wenn man schon in der Schwangerschaft zu schreiben anfängt. Das können Gedanken sein, die euch durch den Kopf gehen – oder auch Berichte von den ersten Stupsern der beiden. Ihr könnt Untersuchungsprotokolle notieren oder über die Namensfindung schreiben. Interessant könnten auch die Reaktionen des Umfelds auf die doppelte Freude sein. Ganz egal was, einfach drauflosschreiben.

 

10. Motivation.

Genauso wie beim Sport ein neues Outfit oder pinke Laufschuhe helfen können, dass man endlich losrennt, ist auch beim Tagebuchschreiben das Material ein super Motivator. Ihr kennt sicher diese schönen Büchlein mit farbigen, edlen oder originellen Einbänden! Kauft euch eines, ab besten gleichzeitig mit den ersten Babysachen. Oder einen schönen Stift, mit dem ihr ab jetzt schreiben wollt. Es kann auch ein Kalender sein, der Platz für Notizen bietet. Oder ein elektronisches Ding, ein Tablet oder ein Laptop. All das kann helfen, um sich noch lieber dem Schreiben zu widmen. Jetzt brauchen wir nur noch Zeit!

 

9. Zeitfaktor.

Der Alltag mit den Babys überrollt einen, da ist es oft schwierig, auch nur eine stille Minute zu finden. Aber es gibt sie! Traditionell eignet sich der Abend am besten fürs Tagebuch. Legt das Büchlein neben das Bett und versucht, fünf Minuten zu schreiben, bevor die bleierne Müdigkeit über euch kommt. Oder ihr schafft ein Ritual – zur ersten Tasse Kaffee, zu einem Glaserl Prosecco, zur nervenstärkenden Schokolade gesellen sich das Büchlein, ein Stift und ein paar Gedanken zum Tag.

 

8. Mit der Hand.

Die meisten schreiben mit der Hand und das hat auch viele Vorteile. Voraussetzung:Die Handschrift ist halbwegs leserlich, schließlich möchten wir die Erinnerungen bewahren und vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt weitergeben (dazu später!) Mit der Hand zu schreiben, entschleunigt und man passt sich an den eigenen Rhythmus an. Die relative Langsamkeit des Vorgangs unterstützt die Gedankenfindung. Man ist konzentrierter und kreativer. Für den Computer spricht, dass man sich ein späteres Abtippen erspart – manche Technikfreaks brauchen ihn vielleicht auch zur Motivation. Dann soll es so sein.

 

7. Struktur.

Es gibt vorgedruckte Tagebücher für Mamas und Papas, die helfen können, erste Schreibblockaden zu überwinden. Ihr beantwortet einfach die Fragen oder nehmt die Impulse auf, die vorgegeben sind: Was war heute lustig? Das ist mir heute klar geworden! Spruch des Tages! Darüber habe ich gelacht! Was steht noch an? Den einen hilft‘s, die anderen stresst das erst recht. Man könnte aber auch eigene Kategorien erfinden á la Bridget Jones, die im Tagebuch ihre Alkohol- und Zigaretteneinheiten sowie das Gewicht und die Männerkontakte eingetragen hat. Fürs Zwillingstagebuch könnten das Gewicht, Größe, Mahlzeiten, gesprochene Wörter, Anzahl der angekleckerten Kleidungsstücke etc. sein. Lasst eurer Fantasie freien Lauf.

 

6. Einfach drauflos.

Manche schreiben lieber über jene Dinge, die gerade in den Sinn kommen. Unstrukturiert, wild und intuitiv. Dafür gibt es auch eine Technik aus dem biografischen kreativen Schreiben, das „Automatisch Schreiben“. Die Methode wurde vom französischen Surrealisten André Breton verwendet. Es geht darum, beim Schreiben ins Unterbewusste vorzudringen. Die Gedanken sollen ungehindert aufs Papier fließen: Vom Hirn übers Herz in die Hand! Man beginnt genau dort, wo man gerade ist! Mit vorgegebenem Thema oder Fragestellung oder auch ganz ohne – einfach drauf los! Beim kreativen Schreiben wird sie eingesetzt, um Ideen zu finden, Gedanken zu sortieren oder auch Schreibblockaden zu überwinden. Die Technik: Man schreibt 10 Minuten lang, setzt nicht ab, schreibt immer weiter, auch wenn einem nichts „Kluges“ einfällt. Dann schreibt man einfach den Namen, das Thema, irgendwas. Möglichkeit ist etwa auch ein Schöne-Momente-Glas. 

 

5. Klarheit. 

Egal, ob wir über die Held*innentaten unserer Zwillinge oder über unsere eigenen Erlebnisse, Ideen und Gedanken schreiben, beim Schreiben übers Leben kommen einem die besten Ideen und es fällt einem leichter, einen klaren Gedanken zu fassen. Zwischen Wäschebergen und Legotürmen, trotz Schlafenentzug und Zeitmangel, kann euch das kleine Büchlein vielleicht helfen, das Wesentliche nicht aus den Augen zu verlieren.

 

4. Gesundheit.

Das Schreiben ist somit auch ein Weg zu mehr emotionalem und körperlichem Wohlbefinden. „Nur 15 Minuten Schreiben am Tag verbessert die Gesundheit“, sagt Silke Heimes, Ärztin und Schreibtherapeutin. Ist das nicht die beste Motivation?

 

3. Keine Angst.

Ich kann doch gar nicht schreiben! Dazu lässt sich sagen: Es geht nicht um literarische Meisterwerke oder fehlerfreie Formulierungen. Es gibt beim biografischen Schreiben kein richtig oder falsch, keinen Rotstift und keine Verbesserungen. Das gilt auch fürs Tagebuch, das keiner lesen darf, dem wir das nicht erlauben. Nur ihr seid die Schatzmeister*innen eurer Gedanken und Erinnerungen rund um die Entwicklung der Kinder. Will man die Texte später verwenden und veröffentlichen, kann man noch immer Korrekturschleifen und Verfeinerungen vornehmen. Daran sollt ihr beim Aufschreiben aber keinesfalls denken.

 

2. Geschenke.

Doppelt so viel Freude machen Geschenke, wenn sie einen persönlichen Touch haben. Die Erinnerungen aus dem Tagebuch lassen sich möglicherweise dafür verwenden. Wie war die Namensfindung? Daraus lässt sich ein Text für die Taufe schreiben, der vorgetragen oder verteilt wird. Fotobuch für die Großeltern? Mit echten Erlebnisberichten aus dem Tagebuch gewürzt wird es gleich noch schöner. Ein eigenes Märchen über und für die Kinder schreiben? Mit den Erinnerungen aus dem Tagebuch fällt es leichter. Das Tagebuch in gedruckter Form? Ein tolles Geschenk für Mama, Papa oder auch für die Kinder (vielleicht zum 18. Geburtstag oder wenn sie eigene Kinder bekommen).

 

1. Für später.

Biografien enthalten Erinnerungen an das Leben. Diese sind besonders authentisch, wenn sie unmittelbar nach dem Erlebnis aufgeschrieben wurden, so wie im Tagebuch. Oft möchten auch die Kinder wissen: Wie war ich als Baby? Womit habe ich gespielt? Was hat mir besonders gut geschmeckt? Die Antworten stehen im Tagebuch. Meine 14-jährigen Zwillinge lieben es, die Geschichten aus ihrer Babyzeit zu erfahren. Die Aufzeichnungen sind aber auch wertvolles Material für spätere Biografie-Projekte. Vielleicht möchtet ihr irgendwann eure Lebensgeschichte verfassen, dann kann das die Grundlage sein. Mehr übers biografische Schreiben findet ihr auf www.ribisel.eu.

Über die Autorin

Claudia Riedler ist langjährige Journalistin und Autorin und leitet Seminare zum Thema biographisches Schreiben. Sie führt biographische Interviews und schreibt Familienchroniken sowie Portraits für Privatpersonen und Unternehmen.

Claudia Riedler Biographien

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