Ein Dschungel für den Küchentisch – wir bauen einen Flaschengarten

Aus grün wird braun, aus frisch wird welk – der Sommer ist nun offiziell vorbei und der Herbst färbt die Natur in den buntesten Farben. Bevor wir uns nun gemütlich auf die Couch und vor den Kamin kuscheln holen wir uns schnell ein Stück Sommer in die eigenen vier Wände.

Wir bauen einen Flaschengarten!

Ein Flaschengarten ist ein eigenständiges kleines Ökosystem in einem Glasbehälter, gerne auch „ewiges Terrarium“ genannt. In unserem Fall bauen wir eine Hermetosphäre, also eine Biosphäre, die luftdicht verschlossen ist. In dieser luftdichten Hülle sammeln wir alle Elemente, die für ein funktionierendes Ökosystem notwendig sind: Boden (Substrat), Luft, Wasser und Mikroorganismen.

Raus in die Natur und rein mit der Natur

Für einen funktionsfähigen Flaschengarten benötigen wir nur wenige „Zutaten“:

  • einen Glasbehälter mit großer Öffnung
  • Frischhaltefolie oder einen Korkverschluss für den Glasbehälter
  • Kies oder Pflanzengranulat
  • Kohle
  • Pflanzenerde oder Waldboden
  • wenige Pflanzen
  • Dekoration wie Steine, kleine Äste, Baumrinde, Moos, Tannenzapfen

Die meisten Baumaterialien finden wir draußen in der Natur, also runter vom Sofa und rein in den Wald!

Auf geht’s! Schaufeln, Eimer und Motivation kommen mit auf die Reise

Wonach suchen wir hier eigentlich? 

Für unseren Flaschengarten benötigen wir die Bausteine eines kleinen Stückchens Wald. Wir bewaffnen uns also mit Schaufel und Eimer und begeben uns auf eine Schatzsuche in der Natur. Die Größe des Glasbehälters bestimmt die benötige Menge an Boden und Pflanzen, in unserem Fall benötigten wir für eine Bodenvase mit 50cm Höhe schon einen kleinen Eimer.

Obacht: nicht überall ist es erlaubt Waldboden und Pflanzen aus der Natur zu entnehmen. Erkundigt euch im Voraus wo ihr in die Natur eingreifen dürft und weicht im Zweifel auf gekaufte Alternativen wie nährstoffarme Pflanzerde zurück.

Ein Babyfarn! Den nehmen wir glatt mit!

Welche Pflanzen fühlen sich in unserem Flaschengarten wohl?

Für unsere kleine Biosphäre benötigen wir Pflanzen, die gut mit Feuchtigkeit und Nährstoffarmut leben können. Das Klima in einer Hermetosphäre ist feuchtwarm und eignet sich nicht für die meisten Blühpflanzen. Perfekte Bewohner für unser Glas wären Farne, Moos oder Bodendecker. Achtet immer auf die finale Größe der Pflanze, Sträucher die vielleicht erst klein Erscheinen können euch schnell über den Kopf wachsen! Mit speziellen Pflanzen-Apps lässt sich direkt vor Ort herausfinden, um welche Pflanze es sich gerade handelt und ob diese für uns geeignet wäre.

 

Hallo, wer bist denn du?
Eindeutig zu groß für uns, du darfst leider nicht mitkommen!

Wer nicht in der Natur sammeln kann oder möchte kann hier auf gekaufte Alternativen zurückgreifen, wie zum Beispiel Sukkulenten, Kakteen oder sehr kleine Orchideen. Auch Exoten wie fleischfressende Pflanzen fühlen sich hinter Glas sehr wohl – wie wäre es mit einem Themengarten, dekoriert mit Dinosaurierfiguren? Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt!

Keine Lust zu buddeln? Kein Problem, Sukkulenten eignen sich perfekt für Hermetosphären und sehen dazu noch hübsch aus

Achtung, blinder Passagier!

So naturgetreu wir unseren Flaschengarten auch gestalten wollen, Tiere gehören nicht mit hinein! Achtet bei euren Sammlungen auf Regenwürmer oder Käfer, die sich gerne im Moos verstecken, und lasst sie in ihrem gewohnten Zuhause.

Ich möchte bitte nicht mit! Tiere lieben ihre Freiheit und fühlen sich in einem Flaschengarten gar nicht wohl

Genug gesammelt, jetzt bauen wir los!

Unsere Ausbeute – auf geht’s nach Hause!

In unserer Schatzkiste befinden sich nun Bodenproben, Steine, Hölzer, Rinde, Farne, Moos und die per App identifizierte Goldnessel. Los geht’s!

Schritt 1: Drainage gegen nasse Füße

Als erstes geben wir den Kies oder das Pflanzensubstrat in unseren Behälter. Dieser sorgt dafür, dass die Wurzeln gut belüftet bleiben und sich keine Staunässe bildet.

Deko-Kies als Drainage

Schritt 2: Mit Kohle gegen Schimmel und Bakterien

So gerne wir unsere Mikroorganismen auch haben, Schimmel und schädliche Bakterien möchten wir nicht im Haus haben. Mit einer mindestens 1cm dicken Schicht Aktiv- oder Holzkohle verhindert ihr die Ausbreitung von unerwünschten Mikroben. Holzkohle lässt sich bei Bedarf ganz leicht zu kleinen Stücken klopfen, Aktivkohle aus dem Baumarkt hat oft schon ein passendes Format.

 

 

Schritt 3: Der Waldboden

Der Waldboden oder die gekaufte Pflanzerde sollten mindestens 1/3 des Gefässes ausfüllen, damit die eingesetzten Pflanzen einen festen Halt finden und genügend Wasser gespeichert werden kann. 

Schritt 4: Von gr0ß nach klein, alles darf rein

Von groß nach klein – wir beginnen mit groben Ästen und Rinden

Als erstes setzen wir größere Gegenstände wir Äste und Rinden ins Glas um eine Grundstruktur herzustellen. Rein darf, was durch die Öffnung passt. Achtet darauf, dass alle Gegenstände einen festen Stand haben um nicht später die empfindlichen Pflanzen zu beschädigen.

Schritt 5: Endlich! Jetzt kommen die Pflanzen

Nach und nach dürfen nun alle Pflanzen einziehen. Zum Einpflanzen haben wir einen langen Löffel verwendet und die Erde mit den Fingern leicht angedrückt. Genügend Abstand ermöglicht den Pflanzen ein ungestörtes Wachstum, bei eher robusten Pflanzen darf die Bepflanzung aber auch gern üppig ausfallen. 

Da ist er wieder, unser Babyfarn <3
Willkommen im neuen Zuhause, kleiner Babyfarn!

Schritt 6: Die Dekoration

Als letztes dekorieren wir unseren Flaschengarten mit den gesammelten Naturmaterialien, in unserem Fall Tannenzapfen, Steine und kleine Moosstückchen. Der Phantasie sind hier aber keine Grenzen gesetzt. Wie wäre es mit einem Zoo aus kleinen Schleich-Tieren, Dinosauriern oder einem Wichtel, der in einem Pilz wohnt? Tobt euch aus!

Für filigrane Arbeiten eignet sich eine Pinzette

Schritt 7: Die Versiegelung der Hermetosphäre

Hermetospähre = hermetisch dicht, wir verschließen nun unseren Flaschengarten und lassen die Natur ihre Arbeit machen. Befeuchtet den Boden und die Pflanzen mit einem Zerstäuber oder sehr vorsichtig mit einer Gießkanne. Die Umgebung sollte leicht feucht, aber nicht nass sein.

Mit Frischhaltefolie oder einem dichten Deckel wird der Flaschengarten nun verschlossen und die Biosphäre beginnt zu arbeiten!

Die Pflege meines Flaschengartens – nicht viel zu tun, außer Staunen!

Regnet es schon? Perfekt, das zeigt, dass euer Ökosystem intakt ist.

Kurz nach dem Verschließen bildet sich ein leichter Nebel an den Glaswänden und der Folie und zeigt an, die Biosphäre funktioniert! In den ersten Tagen solltet ihr genau beobachten wie sich eure Pflanzen im Glas fühlen und ob die Feuchtigkeit stimmt. Ist es zu nass, bilden sich also große Tropfen an der Folie, können die Pflanzen schimmeln und müssen dann sofort entfernt werden. Ist das Glas zu feucht, lasst es einfach bei geöffnetem Deckel einige Tage abtrocknen und verschließt es danach wieder luftdicht.

Auch schaffen es nicht alle Pflanzen sich im Glas häuslich einzurichten. Wurden die Wurzeln bei der Sammlung unbemerkt beschädigt oder waren sie zu lange unterwegs, können die gesammelten Schätze trotz guter Pflege trotzdem eingehen und sollten ausgetauscht werden.

Ist das Ökosystem aber erstmal stabil muss es nur alle 3- 6 Monate erneut befeuchtet werden, bei leicht luftdurchlässigen Deckeln aus Kork vielleicht etwas eher. Pflanzen die euch über den Kopf wachsen können ohne Probleme entfernt oder beschnitten werden, danach einfach den Behälter wieder gut verschließen und auf eine ausreichende Feuchtigkeit achten.

Was passiert in meinem Flaschengarten? Lernen und Beobachten!

Der Flaschengarten ist nun ein komplett eigenständiges Ökosystem, es benötigt weder zusätzliches Wasser noch zugesetzte Nährstoffe für das Pflanzenwachstum. Wie im richtigen Ökosystem, unserer Natur, durchläuft das Wasser einen ewigen Kreislauf. 

Eure Pflanzen nehmen über den Tag Wasser und Kohlendioxid auf und betreiben Photosynthese. Mithilfe von Licht entstehen in den grünen Pflanzen Zucker und Sauerstoff, der von den Pflanzen freigesetzt wird. Das Wasser wird durch die Wurzeln aufgenommen und über die Blätter wieder abgegeben und kondensiert als Wasserdampf an der Folie und den Wänden. Ein Wunder, oder?

Unser Flaschengarten macht uns nun schon seit einigen Wochen viel Freude auf dem Küchentisch. Wir durften dem Babyfarn beim Wachsen zusehen, haben einen gut getarnten Käfer gerettet und in die Natur entlassen und viel über das Wunderwerk des Ökosystems lernen dürfen.

Viel Spaß beim Nachbauen und zeigt doch mal eure eigenen kleinen Dschungel auf dem Küchentisch!

 

Hier schreibt Gastautorin Neffa. Mehr von Neffa? Dann klicke auf das Bild!

 

1 Kommentar

  1. Hallo,
    danke für die Anleitung. Genau das habe ich gesucht. Schon seit einiger Zeit möchte ich mit unseren Kindern auch einen Flaschengarten machen. Besonders der Trick mit der Kohle war mir neu. Das werde ich aber direkt machen.

    Ich hoffe, eurem Flaschengarten geht esi immer noch gut. Würde mich freuen, wenn man mal wieder ein Bild davon sehen könnte. :-)

    Grüße
    Kerstin

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