Wie lege ich am besten Geld für meine Kinder an?

Expert:innen-Interview mit Investorella Larissa Kravitz: Wie lege ich am besten Geld für meine Kinder an?

Es ist eines der Themen, die im Alltag oft zu kurz kommen – die eigenen Finanzen bzw. die finanzielle Vorsorge für mein Kind. Denn zwischen Schule, Job und Freizeit bleibt oft wenig Zeit, um sich eingehend mit dem Thema Geld zu beschäftigen und bei vielen von uns herrschen noch Glaubenssätze vor, dass man über Geld nicht spricht. Dabei ist es gerade bei der finanziellen Vorsorge so wichtig, auf den Faktor Zeit zu setzen und das Geld nicht auf einem Niedrigzinssparbuch liegen zu lassen – das zeigen finanzmathematische Berechnungen eindeutig. Wir haben Investorella Larissa Kravitz zum Gespräch getroffen und einige praktische Tipps erfahren, wie finanzielle Vorsorge für dein Kind gelingt und was es dabei zu beachten gilt. (Keine Anlageberatung!) Larissa blickt auf  15 Jahre Erfahrung als Finanzmathematikerin, ehemalige Aktienhändlerin, Strategieentwicklerin, Treasury-Managerin und vormals jüngste Aufsichtsrätin im ATX zurück.

Investorella Larissa Kravitz erklärt, worauf es beim Investieren ankommt. (Credit: Avi Kravitz)

Wann soll ich mit der finanziellen Vorsorge für mein Kind beginnen und warum?

Mit der Vorsorge für Kinder beginnt man idealerweise ab der Geburt oder vielleicht sogar schon früher, wie es manche Familien schon machen. Vor der Schwangerschaft ist es meines Erachtens auch immens wichtig, einen ordentlichen Finanzplan aufzustellen – wie schaut es aus mit dem Einkommen und den Ausgaben in der Karenz, in den Jahren der Teilzeit usw.? Dort auch unbedingt das Thema Investment mitberücksichtigen. Wenn man nicht davon abhängig ist, ist es eine gute Idee, das Kindergeld in einen ETF-Sparplan zu investieren – das mache ich beispielsweise gerade so für meinen Sohn.

Und auch dieser Tipp lässt sich leicht umsetzen: Wenn man ein Kind auf die Welt bringt, bekommt man auch sehr viele Geschenke – viele davon sind nützlich, viele allerdings eher nicht. Auch hier kann man Familie und Freunde bitten, Geld zu schenken oder auch Gold (in Form von Barren oder Münzen). Warum es wichtig ist, so früh wie möglich mit dem Investieren zu starten? Der Zinseszins-Effekt macht den Unterschied, je länger ich Zeit habe, desto besser. Renditen selbst werden dann selbst auch investiert. Außerdem je länger ich Zeit habe, desto länger habe ich Zeit, um aus Fehlern beim Investieren zu lernen und gemachte Fehler beim Investieren auszugleichen.

Macht Investieren auch mit kleineren Beträgen Sinn?

Absolut – allerdings ist es vor dem Start wichtig, sich umfassend zu informieren. Aufgrund der historisch niedrigen Sparzinsen und der extrem hohen Inflation haben wir eine sehr starke negative Realverzinsung – das bedeutet, dass das Geld weniger wert wird, das ist die Inflation, die man verstehen sollte. Vor dem Hintergrund macht Investieren aber gleich aus zwei Gründen Sinn:

1.) Wenn ich viel Zeit – also einen langen Anlagenhorizont – habe, kann ich auch mit relativ kleinen Beträgen viel ausrichten. Allerdings ist es bei kleinen Beträgen sehr wichtig, dass ich darauf achte, dass ich nur in Produkte mit kleinen bzw. niedrigen Transaktionsgebühren investiere. Es gibt in Österreich und Deutschland mittlerweile Sparpläne ab 10 Euro monatlich – macht das Sinn? Finanzmathematisch gesehen, ist dieser Betrag klein, selbst bei einer angenommenen guten Rendite, aber es ist immer noch besser, als gar nicht zu investieren.

2.) Es ist immens wichtig, seine Gewohnheit – also sein Mindset – zu ändern. Denn gerade in vielen europäischen Ländern reservieren viele ihr Einkommen stark für den Konsum. Wenn ich einen kleinen Betrag monatlich zur Seite lege sage ich mir also selbst, dass ich etwas zur Seite lege für die Zukunft. Diesen Betrag kann ich künftig auch erhöhen, noch wichtiger ist aber, dass ich damit meinen Zugang zum Thema Geld ändere. Man beginnt sich anders zu organisieren und sieht, dass etwas am Depot weitergeht und ändert so nebenher seine Einstellung. Und bei ganz kleinen Kindern und einer entsprechend langen Anlagendauer, kann ich so wirklich auch einen schönen Betrag aufbauen, selbst mit monatlichen Sparraten von 30-50 Euro.

Ich hatte als Kind noch Sparbuch und Bausparvertrag – warum sind diese Sparprodukte heute nicht mehr empfehlenswert?

Die hohe Inflation macht diese Produkte heute uninteressant, denn die Inflation ist höher als die Sparzinsen, wir sprechen von einer negativen Realverzinsung. Man muss bedenken, dass Geld selbst nur das wert ist, was man dafür kaufen kann – und dass sich dieser Wert auch schnell ändern kann, wie wir aktuell am Ukraine-Krieg und dem russischen Rubel sehen, der innerhalb weniger Tage massiv an Wert verloren hat. Wer Geld auf den Bausparer oder ein Sparbuch legt, spart zwar, verliert aber finanzmathematisch Jahr für Jahr an Geld, da die Inflation höher ist als die Verzinsung bei diesen Produkten. Diese Investitionen sind in der aktuellen Zins- und Inflationslage deshalb uninteressant. Ein Sparkonto für den Notgroschen sollte man dennoch haben, um unerwartete Ausgaben – Autoreparatur, neue Waschmaschine – jederzeit problemlos tätigen zu können.

ETFs und Aktien sind aktuell in aller Munde, aber sind diese Anlageformen für alle geeignet? Was gilt es zu beachten?

Sie sind einfach, einfach zu verstehen und günstig was die Transaktionsgebühren betrifft, weshalb sie sich gut für Einsteiger eignen. ETFs sind aus vielen Gründen sehr beliebt geworden, allerdings sind ETFs nicht für alle Anlageziele geeignet. Für wen sind sie nicht geeignet? Wie bei jeder anderen Anlageform muss ich mir auch bei ETFs vor Augen führen, wie mein Risiko-Rendite-Profil aussieht, wie steht es um meine Liquidität – das sind Fragen, die vorab abgeklärt gehören. Es gibt bei jeder Fülle an ETFs eigentlich für jeden den richtigen ETF, beispielsweise Staatsanleihen-ETFs für Menschen mit sehr geringer Risikotoleranz. Anleger, die über keine technologischen Kenntnisse verfügen und sich mit der Börse auch nicht näher beschäftigen wollen, gibt es natürlich auch. Nicht zuletzt gibt es auch Investoren, die ihre Anlage „angreifen“ wollen – für diese eignen sich Immobilien bzw. Gold.

Chanel-Taschen, Sneakers oder Kunst – wie steht es um alternative Investments, eignen sie sich für mein Kind?

Solche Dinge bezeichnet man als alternative Investmentformen. Sie sind aber nichts für Anfänger, wenn man gut investieren will, sollte man bei der Basis beginnen und mit einem Depot starten und kann unter Umständen später, wenn man sich mit den unterschiedlichen Instrumenten des Investierens gut auskennt, solche alternativen Investmentformen andenken. Bei Sammlerstücken gibt es schließlich viel zu beachten, die richtige Lagerung ist entscheidend sowie eine Vielzahl von anderen Kriterien. Wenn man möchte, dass das Sammlerstück an Wert gewinnt und nicht verliert. denn es gibt bei diesen Sammlerstücken wirklich viel zu beachten.  Diese alternativen Investmentformen sollte man deshalb nur über entsprechende Anbieter abwickeln und nicht in Eigenregie, da das Risiko hoch ist, dass die wertvollen Sneaker oder der teure Wein durch nicht fachgemäße Lagerung massiv an Wert verliert.

Wie kann ich mein Kind in den Sparprozess mit einbeziehen und fürs Sparen begeistern? Oder soll ich ihm eher erst zum 18. Geburtstag Summe X übergeben?

Bitte Geld bzw. ein Depot nicht erst zum 18. Geburtstag übergeben! Junge Menschen sind sehr unterschiedlich, manche würden damit ein Unternehmen, manche würden es verprassen – das weiß man vorher nicht. Ich rate meinen Kunden, Kinder immer altersgerecht in die Investmententscheidung miteinzubeziehen und sie über die Veranlagungsschritte zu informieren. Wenn das Kind schon etwas größer ist, kann es auch aktiv Veranlagungsentscheidungen – natürlich mit den Eltern im Background – treffen. Ich habe es vor, bei meinem heute 2jährigen Sohn so zu machen: Ich möchte ihn aktiv in das Veranlagen mit einbeziehen und mit ihm altersgerecht viel darüber sprechen, lasse ihn jedoch über die exakte Summe die ihn erwartet etwas im Dunkeln.
Wenn das Kind 18 oder 20 wird, würde ich erstmal die Hälfte des investierten Geldes hergeben und beobachten, wie es damit umgeht. Verhält es sich vernünftig, rate ich nach einigen Monaten oder einem Jahr Wartezeit, sich mit dem Kind hinzusetzen und ihm zu eröffnen, dass da noch mehr Geld für ihn ist und ihm auch diesen Teil übergeben. Sollte das Kind den ersten Teil des investierten Betrags jedoch ausgegeben oder förmlich verprasst haben, würde ich mich ebenso mit dem Kind hinsetzen und mit ihm sprechen, dass da noch mehr Geld da ist, es dieses jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt erhalten – beispielsweise dem 25. Geburtstag – wird. Ich sehe in der Beratung oft, dass junge Menschen, die unverhofft zu Geld kommen, oft völlig überfordert damit sind. Deshalb muss man sie behutsam an das Thema heranführen und das Thema „Finanzen“ auch in der Erziehung einplanen und gut vorleben.

Angenommen mein Ziel wäre es, für meinen Kind bis zu seinem 18. Geburtstag 150.000 Euro anzusparen – geht das? 

Wenn ich von einer nachsteuerlichen Rendite von 8 Prozent ausgehe, muss ich ca. 700 Euro im Monat investieren, um auf die 150.000 Euro zu kommen nach 18 Jahren. Natürlich kann man aufgrund des langen Anlagehorizonts auch in Produkte investieren, die eine höhere Rendite versprechen, aber auch mit mehr Risiko behaftet sind (Venture Capital, Start up-Investments, Growth Aktien etc.). Aber Achtung, auch wenn Aktien die höchsten Renditeversprechen haben, darf auf die Diversifizierung nicht vergessen werden. Auf einen bestimmten Betrag hinzusparen, finde ich nicht sinnvoll – vielmehr sollte man versuchen, soviel wie möglich für das Kind zu investieren und das Konsumverhalten zu überdenken. Zuviel Spielzeug schadet eher, dazu gibt es Studien und ein gesundes Konsumbewusstsein vorzuleben erachte ich als immens wichtig. Wenn ich dann auch noch versuche, Familie und Freunde anstelle von Spielzeug Geld bzw. Gold zu schenken, so wird mein Kind mit 18 Jahren auf jeden Fall eine stattliche Summe zur Verfügung haben.

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Larissa teilt ihr umfangreiches Wissen mit uns, hier bekommst du regelmäßig Inputs zum „money mindset“ und konkrete Tipps für deine Investitionen:

Buch: „Money, honey!: Vorsorgen und Investieren für Einsteigerinnen“ 
Podcast: https://investorella.podigee.io/
Website: https://investorella.at/

 

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Ein Hund namens Money 
Ein Buch, das nicht nur Kindern spielerisch den richtigen Umgang mit Geld näher bringt.

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Wer schreibt hier eigentlich?

Vier Kinder, zwei Katzen, ein Mann: Das Leben in der Grazer Vorstadt ist für PR-Profi Barbara nie langweilig. Wenn sie nicht als Mama-Taxi ihre Kinder von A nach B kutschiert, plant sie Reisen und Wanderrouten. Sie liebt Bücher und findet manchmal sogar Zeit eines zu lesen. 

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2 comments

  1. In der Tat, früher konnte man das Geld einfach zur Bank bringen und ein Sparbuch anlegen – und hatte damit vielleicht nicht die bestmögliche, aber doch eine gute Lösung.

    Heute sieht das ein bisschen anders aus. Aber das muss ja nicht nachteilig sein und die Kinder wachsen gleich mit rein in die Welt der Geldanlagen und Depots.

  2. Vielen Dank für den Beitrag. Ich will auch gerne Geld für meinen Sohn anlegen und bin gerade dabei mich zu informieren. Ich will herausfinden, was das effektivste Investitionsmodell ist. Ich werde wohl erstmal mit einem ganz normalen Depot starten.

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