„Meine Tochter Juliana starb mit nur 7 Tagen, nun erwarten wir Zwillingsglück.“

(Triggerwarnung)
Hannah (32) ist hochschwanger – mit Zwillingen. Schon bald darf sie sich über ein Pärchen freuen, doppeltes Glück! Babyglow, Kugelbauch und Vorfreude – wenn man der strahlend schönen Schwangeren gegenübersitzt, deutet nichts auf den schlimmen Verlust hin, den sie und ihr Mann Markus erlitten haben. Denn die Zwillinge sind nicht ihre ersten Kinder, ihre Tochter Juliana Marie mussten sie nach nur 7 Tagen wieder gehen lassen. Uns erzählt sie ihre bewegende Geschichte, bei der Trauer, Freude und Dankbarkeit ganz nah beieinander liegen.

Liebe Hannah, bitte erzähl uns über deine Schwangerschaft mit Juliana.
Unsere Juliana war ein absolutes Wunschkind, auf das mein Mann und ich uns wahnsinnig gefreut haben! Hausbau und Bilderbuchschwangerschaft, zudem war meine Schwester zeitgleich mit mir schwanger – wir konnten unser Glück nicht fassen, alles war einfach perfekt. Bis zu jenem Tag am Ende der 36. Schwangerschaftswoche, als ich Juliana plötzlich nicht mehr gespürt habe. Mein Mutterinstinkt sagte mir, dass ich das sofort abklären sollte, also fuhren wir ins Krankenhaus. Dort gab es erstmal Entwarnung, denn die Herztöne am CT waren da – aber monoton. Schnell wurde ein Doppler-Ultraschall gemacht, wo zwar auch keine Auffälligkeiten zu sehen war, dennoch ging man auf Nummer sicher und entschied sich für einen Notkaiserschnitt, Juliana wurde geholt!

Was war dann?
Juliana war bei der Geburt ganz blass und schrie nicht, sie wurde sofort auf die Intensivstation gebracht und war in kritischem Zustand. Heute wissen wir, dass es Probleme bei ihrer Versorgung im Bauch gegeben hatte und sie nicht genügend Blut bekommen hat, sondern das Blut über die Plazenta zu mir retour gekommen ist. Die Ärzte haben uns bereits kurz nach dem Notkaiserschnitt gesagt, dass sie wahrscheinlich den ersten Tag nicht überleben wird – eine Nachricht, die uns natürlich den Boden unter den Füßen weggezogen hat. Wir entschieden uns für eine Nottaufe, alles ging Schlag auf Schlag und dann besserte sich Julianas Zustand und wir schöpften neue Hoffnung.

Sie überlebte – entgegen den Prognosen der Ärzte – den ersten Tag und wir verbrachten die Zeit bei ihr auf der Intensivstation, machten unzählige Fotos und kuschelten mit ihr. Unsere wunderbare Juliana war so ein süßes, rosiges, pausbäckiges Baby, nichts deutete rein äußerlich darauf hin, dass wir sie bald gehen lassen mussten. Die Ärzte waren von Anfang an sehr offen zu uns, nach dem Gehirn-MRT empfahlen sie am 6. Tag nach der Geburt, dass wir die lebenserhaltenden Maßnahmen einstellen sollten. Und so erlebten wir die letzten Stunden mit ihr ganz bewusst, nahmen ihren Geruch war und saugten die kostbare Zeit mit ihr auf. Auch ihre sechs Großeltern hatten noch die Möglichkeit, sie kennenzulernen und zu verabschieden. Ich bin rückblickend so dankbar, dass wir so viele Fotos von ihr gemacht haben, denn so habe ich sie nicht nur in meinem Herzen, sondern kann jedem zeigen, wie wunderbar sie war.

Was passierte dann?
So stark wir während der Zeit im Krankenhaus waren, so sehr überkam uns die Trauer daheim, denn Juliana fehlte. Alles war für sie vorbereitet und wir sind ohne sie nachhause gekommen – das war so schwer zu begreifen. Vier Wochen nach Julianas Geburt brachte meine Schwester meine Nichte auf die Welt. Das war rückblickend auch eine sehr schwere Situation für die gesamte Familie, denn Trauer und Freude liegen da so nah beieinander und forderten unser gesamtes Umfeld. Wir haben uns kaum bis gar nicht mit der Frage nach dem Warum beschäftigt, kein Grund wäre ausreichend genug gewesen, unsere Tochter so früh verabschieden zu müssen. Anfangs war es für uns wichtig, nur die nächsten Stunden, nur den nächsten Tag zu überstehen, um sich von der Trauer und Verzweiflung nicht überwältigen zu lassen. Unsere Familien und unser Freundeskreis gaben uns Halt, wir haben unzählige liebe Nachrichten bekommen und fühlten uns von unserem Umfeld getragen durch die schwierige Phase des Trauerns. Auch wenn Juliana nur 7 Tage alt werden durfte, hat sie so viel Positives auf diese Welt gebracht, denn den Rückhalt unseres Umfelds zu spüren, war eine sehr intensive, positive Erfahrung. Auch die Trauerbegleitung durch Psychologen und durch den Hospizverein half uns sehr.
Mein Mann und ich bastelten ein Vision Board fürs neue Jahr,
einer der zentralen Wünsche war, ein Geschwisterchen für Juliana. Offenbar hatten wir eine Vorahnung, denn am Vision Board für das neue Jahr 2022 steht „Weitere Kinder“, also bereits die Mehrzahl (lacht). Und so war es dann auch und wir durften uns über eine erneute Schwangerschaft freuen, diesmal sogar mit Zwillingen, mit doppeltem Glück. Für uns ein absolutes Himmelsgeschenk.

Wie geht es dir in der Schwangerschaft?
Mir geht es sehr gut, nun im Endspurt wird es langsam beschwerlicher, aber das gehört wohl dazu. Mental war es nicht immer leicht in der Schwangerschaft, da viele Gefühle hochgekommen sind und ich zeitweise auch Angst hatte, ob wohl alles in Ordnung ist mit den Babys. Aber in solchen Momenten versuche ich, mich zu beruhigen und meiner Intuition zu vertrauen, denn der hat mich noch nie im Stich gelassen.

Deine Babys werden in den nächsten Wochen erwartet, wann wirst du ihnen von Juliana erzählen?
Sie sollen von Anfang an wissen, dass sie eine große Schwester haben, die als Schutzengel auf sie aufpasst. Ich möchte, dass das Thema Tod enttabuisiert wird und es für meine Kinder ganz normal sein wird, über Juliana zu sprechen. Auch ihr Grab – oder Erdenbettchen, wie wir es gerne nennen – werden wir oft gemeinsam besuchen. Juliana wird immer ein so wichtiges Familienmitglied sein, unsere erstgeborenen Tochter und das werden wir ihren kleinen Geschwistern auch von Anfang an so mitgeben. Generell finde ich es wichtig, dass Sternenkinder und Eltern von Sternenkinder in unserer Gesellschaft ihren Platz finden und nicht allein mit ihrer Trauer fertig werden müssen. Denn der Tod gehört zum Leben dazu und jeder wird früher oder später mit dem Thema Trauer in Berührung kommen müssen. Mein Wünsch wäre, dem Thema mehr Kompetenz, Achtsamkeit und Hingabe zu widmen. Wer sich bewusst mit dem Thema Tod beschäftigt wird ungemein viel über ein wahrhaftiges Leben lernen.

 

Wer schreibt hier eigentlich?

Vier Kinder, zwei Katzen, ein Mann: Das Leben in der Grazer Vorstadt ist für PR-Profi Barbara nie langweilig. Wenn sie nicht als Mama-Taxi ihre Kinder von A nach B kutschiert, plant sie Reisen und Wanderrouten. Sie liebt Bücher und findet manchmal sogar Zeit eines zu lesen. 

 

 

 

 

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