Eigentlich heißt sie ja ganz anders. Tausende Kinder kennen sie aber als Mai Cocopelli. Mit diesem Künstlernamen ist österreichs beliebteste Kinderliedermacherin unterwegs. Seit 20 Jahren lieben Kids und Erwachsene die Oberösterreicherin vom Attersee.
ESI: Meine Kinder sind ganz neidisch, denn im Studio sitzt keine geringere als Mai Cocopelli! Du machst Eltern das Leben leichter und bist die Einzige, die es schafft, Kinderlieder zu produzieren, die auch Eltern charmant finden.
Mai: Mir wird ganz heiß! Meine Musik ist vom Herz für Herzen, alles ist mit echten Instrumenten eingespielt, das ist mir wichtig. Ich bin ja selber Mama und man muss auf Qualität achten.
ESI: Du füllst (normalerweise*) Konzertsäle in Österreich, Deutschland und den USA?
Mai: Die USA waren nur im Web. Da hab ich einen Wettbewerb gewonnen, weil ich ein Lied hingeschickt habe. Ich war noch nie dort, aber ich würde gerne! Meine Lieder gibt’s aber auch auf Englisch, denn wenn Musik stimmig ist für Kinder, dann ist Sprache keine Barriere – denn Musik ist die Sprache. Ich finde, die Lieder klingen auf Englisch wunderbar, erwachsener.
ESI: Deine Fans beginnen ja ab drei Jahren, oder?
MAI: Ich hab den Eindruck, viele kommen schon mit dem Cocopelli-Gen auf die Welt. Früher hab ich mir das Publikum noch erspielen müssen, jetzt gibts größere Geschwister und es läuft.
ESI: Heute bist du inkognito, ohne Dreadlocks, mit Kurzhaarschnitt, ganz neu, und ohne Ringelstulpen. Erkennen dich die Kinder dann?
Mai: Mit den kurzen Haaren bin ich ein „No Name“. und werde nicht immer erkannt, obwohl es natürlich schön ist, erkannnt und vertstohlen angeschaut zu werden. Ich genieße es, weil ich zwischen der Bühnenperson und der echten unterscheiden kann. Das war nicht immer so, jahrelang war ich ausschließlich Mai Cocopelli, aber es braucht auch Privatsphäre.
ESI: Was macht ein gutes Kinderlied aus?
MAI: Das ist die krönende Frage. Wenn wir das alle wüssten, könnten wir so viel mehr gute Musik für Kinder produzieren. Ich glaube, dass es nicht so viel Unterschied zu einem Lied für Erwachsene gibt, in Sachen Qualitat muss es gleichwertig sein. Ich mag Synthesizer nicht, und spiele immer mit Band oder im Duo mit Oli, der eine Band abdeckt, er singt, spielt Cajon und Klavier. Das Thema ist entscheidend, dass Kinder sich angesprochen fühlen, die Reime müssen passen und Sinn haben, es darf auch um Themen wie Traurigkeit gehen, aber bei mir kommt das kaum vor, ich möchte den Kindern ein gutes Gefühl fürs Leben vermitteln und ihnen Werkzeuge mitgeben. Ich nehm sie mit auf die Cocopelli Insel, auf der alles toll ist, wo du sein darfst, wer du beist, dich ausleben, dich zeigen…
ESI: Wie sind Kinder als Publikum?
MAI: Super! Ich liebe die! Und die spüren das, sie lassen mein Herz höher schlagen, die sind spontan, wenn sie etwas nicht gut finden, dann sagen sie das. Früher wollte ich auch für Erwachsene Musik machen, aber dann sitzen die da und man weiß nicht, ob sie das wirklich berührt, bei Kindern weißt du das in der Sekunde, sie geben dir Impulse, und man bleibt in Begegnung und Bewegung, wenn sie ihre Freude ausdrücken. Musik als Brücke zu Kindern ist Musik toll, alle mögen sie.
ESI: Du lebst deinen Traum?
MAI: Oh ja!
Hier gehts zu CocopelliTVESI: War dein Erfolg geplant?
MAI: Ich habe eine Vision gehabt. Als ich 1999 begonnen hab, war’s schnell klar es braucht ein Bild, wo ich hinsegeln möchte, den Wunsch gehört zu werden, die Kinder beim Großwerden zu begleiten. Nach 20 Jahren kommt die zweite Generation nach, aber ich laufe dem Erfolg nicht nach. Wettberbe wie zb die deutsche Songwriting Competion zu gewinnen zeigt, dass etwas Qualität hat, was mich freut, da ich als einzige Europäerin im Finale war.
ESI. Du bist ausgebildete Kindergärtnerin!
MAI: Ja, aber ich war nie in der Praxis. In der Ausbildung hatte ich auch mein Schlüsselerlebnis, wo ich gemerkt habe, Musik ist meines, und bin den Weg weitergegangen. Damals musste man in der Ausbildung Kindern Musik vermitteln. Eine Aufgabe war, dass man sich in der Vorbereitung viele Wiederholungsgründe einfallen lässt, damit sie nach der Stunde das Lied auch können. Und ich musste ihnen ein furchtbares Nikolausslied beibringen und hab mich nicht getraut meiner Profressorin zu sagen, dass ich es furchtbar fand. Die Kinder sind eskaliert und mit Sesseln aufeinander losgegangen! So etwas hab ich noch nie erlebt! Die waren so aggressiv und ich musste die Stunde abbrechen. Dann habe ich reflektiert und festgestellt: Klar! Ich war nicht begeistert, wie dann die Kinder? Und da hab ich beschlossen, ich mache mit denen nie mehr ein Lied, das nicht gut ist. Damals musste ich die Einheit wiederholen und hab mir erbeten, mir das Lied selber auszusuchen, hab aber nicht eines gefunden, das mir gefallen hätte, also hab ich beschlossen, dass ich selber eins schreib! Das war Flip Flap Zauberei, das viele lieben! Ist auch nach wie vor eins meiner liebsten. Es ist in der Nacht zu mir gekommen, wo nichts stört, es ist schon da und ich nehme das Instrument in die Hand und es passt. Und wenn es gut ist, ist es am nächsten Tag immer noch da. So wars auch, ich hab’s aufgeschrieben, den Kindern beigebracht und sie haben es geliebt. Wiederholungsggrüne waren nicht notwendig, weil die Kinder gesagt haben: Noch einmal!
ESI: Zum Thema Begeisterung gibt es übrigens auch einen tollen „Einer schreit immer“-Podcast mit Thomas Brezina, den ich euch empfehlen kann. Mai Cocopelli hat aber schon wieder neue Pläne. Jetzt gibts eine Ukulele-Schule!
MAI: Genau. Und ich hab die Ukulele auch mit! Nachher spiel ich euch meinen neuen Song im Podcast! Ich war in der Schule meiner Tochter zum Putzen eingeteilt, und hab mir dann gedacht, ich mache lieber etwas Anderes als den Putzfetzen zu schwingen. Dann hab ich den Kindern binnen drei Jahren das Spielen biegebracht. Und dann waren wir mal bei dem United Ukulele Youth Orchestra und durften am Konzerttag das Konzert eröffnen.
ESI: Wie kommt man in die Ukuleleschule?
MAI: Ich hab mit den Kindern aus der Schule Videos gedreht und sie auf die Website kinderlieder.tv gestellt. Es ist also eine Online-Schule. Die Musikschule für zu Hause und für jederzeit. Die Eltern sollten auch mitmachen. Die Lieder kann man mit zwei Lehrerinnen, meiner Tochter und ihrer Freundin Hanna, von Anfang an spielen und alle Stationen durchlaufen, von Bruder Jakob mit einem Finger auf einer Seite – bis zu Schwierigeren Sachen.
ESI: Es heißt oft, die Kinder heututage sind weniger aufmerksam, verdorben durchs Smarthphone. Hat sich aus deiner Sicht das Publikum verändert?
MAI: Wenn Kinder von etwas begeistert sind, bleiben sie dabei, trotz Handy. Wenn man sie eine Stunde an der Stange hält, dann sind sie so begeistert,wie vor 20 Jahren. Was ich aber schon erlebe ist, dass Kinder oft keine Grenzen mehr haben, zu viel dürfen, weil sie niemand aufhält, dann spaziert eines auf die Bühne oder so. Aber begeistert sind sie und es wäre schade, wenn sie dieses Gefühl verlieren würden. Wir als Erwachsene suchen ja diese kindliche Freude, die einfach aus dem Nichts entsteht, einfach weil du da bist. Mir gegenüber zeigen sie sich von ihrer besten Seite, Schüchterne werden mutig, Laute tun mit, ich hab so ein bissl den Cocopelli Bonus.
ESI: Hast du dir deine kindliche Begeisterung bewahrt?
MAI: Wenn der Tag schön ist, wenns rennt und so, kann ich mich übers Leben freuen. Das können ganz normale Momente sein, wo man weiß, es ist gut, dass man genau jetzt da ist. Ich liebe das Gefühl der Dankbarkeit, das ist ein Schlüssel für meine Begeisterung, was ich leben darf, was sich ergeben hat, wonach ich nicht suchen musste, und das lässt mich Freude spüren. Und ich wohne am schönen Attersee, und wenn ich da rauspaddel, dann ist das Leben schön, und wenn ich Kinder beim Konzert glücklich machen kann, da kommt so viel zurück. Wenn man einen ganzen Saal singen hört, das macht mit uns allen was, das ist ein Geben und nehmen, da gehen auch bei uns die Herzen auf.
ESI: Wieviele Konzerte spielst du?
MAI: Nicht mehr so viele, vielleicht 50 im Jahr, weil ich das Leben als Mama so schätze. Wien war immer ein schwieriges Pflaster. Wien konntest du nicht erobern, bis ich es doch erobert hab. Und jetzt sind sie so ein Zuletzt haben wir ein Orchesterkonzert gespielt, das war wie wenn du auf einer Welle surfst, die nicht mehr aufhört. Meine Lieder gehen in die Herzen, aber wenn das getragen wird von einem Orchester, dann ist das nochmal mehr, das war heuer mein Lieblingsmoment der Begeisterung. Da war auch ein Kinderchor dabei! Dann muss ich aufpassen, dass ich nicht selber weinen muss! Es macht wirklich was mit mir.
Der Einer schreit immer Elternpodcast
*Der Podcast wurde vor Corona aufgenommen.
Hallo, danke für diesen tollen Einblick ud das sehr interessante Interview. Meine Kinder (und auch ich!) sind große Fans. Danke für die Hintergrundinfos.
Grüße
Ulrike