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Wann wird es endlich leichter? Eine erfahrene Zwillingsmama im Interview

Marion von Gratowski hat sich ihr ganzes (Berufs)-Leben mit dem Thema Zwillinge beschäftigt. Als Zwillingsmama und Journalistin war es für sie klar, dass sie über das schreibt, was sie tagtäglich erlebt: Zwillinge. Die Autorin gibt im Interview Tipps für Zwillingsmütter und klärt endlich die Frage, die allen Zwillingsmüttern auf der Zunge brennt: „Wann wird es endlich leichter?“

Du bist die Mutter aller Zwillingsbücher – wie viele hast du bereits zum Thema geschrieben?

Haha. Das hört sich gut an … selbst geschrieben habe ich allerdings nur circa fünf Zwillingsbücher. Die meisten Bücher, die ich herausgebracht habe – inzwischen mehr als 70 – wurden von anderen Autoren geschrieben, bzw. von mir nur herausgegeben oder als Verlag betreut. Das sind zum Beispiel das legendäreZwillingsmütter berichten“
, das schon in der vierten Auflage verkauft wird oder Zwillinge stillen“, das eine kompetente Stillberaterin, Susanne Wittmair, die auch Zwillingsmutter ist, verfasst hat oder die Serie „Das Zwillinge ABC“, das Bücher wie den Ausstattungsratgeber für Zwillinge & Drillingeund jetzt ganz frisch das Buch „Geburtstag feiern mit Zwillingen“ umfasst.

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Welches Buch liegt dir besonders am Herzen?

Besonders am Herzen liegt mir eigentlich ein Buch, das es offiziell gar nicht gibt, bzw. das ich nur für meine Kinder veröffentlicht habe: „Zwillinge – das kann ja (h)eiter werden“. Es ist meine eigene, ganz persönliche Zwillingsgeschichte, unsere Familiengeschichte, die ich für meine Zwillinge Maximilian und Constantin zum 30. Geburtstag aufgeschrieben habe.

Und natürlich das erste Zwillingsbuch, das ich je geschrieben habe (ursprünglich für den Trias Verlag und unter anderem Titel), und das immer wieder überarbeitet wurde, bis es so umfassend war, wie es heute noch angeboten wird: Zwillinge – doppelt so schön und halb so schlimm. Da stecken 25 Jahre Erfahrung drin und nicht nur meine Erfahrungen, sondern die ganz vieler Zwillingseltern.

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Welches war der Verkaufsschlager?

Eines der bestverkauften Bücher ist Erziehungstipps für Zwillingseltern“  das jetzt auch schon in vierter Auflage auf dem Markt ist. Das zeigt, dass die Erziehung von Zwillingen immer wieder doch besondere Herausforderungen bereithält, wie sie Eltern von einzeln geborenen Kindern nicht erleben. Für mich war es vor allem immer sehr schwer, die Balance zwischen meinen sehr ungleichen Zwillingen herzustellen. Ich habe aufgepasst wie ein Luchs, dass keiner der beiden benachteiligt wurde, aber genau das ist fast unmöglich, wenn Zwillinge so ungleich sind und einer von beiden dominant.

Der zweite Bestseller ist „Zwillinge spielend fördern“, das von Natalie Schmitz, einer Erzieherin, die ebenfalls Zwillingsmutter ist, zusammengestellt wurde. Sie hat schon für Babys so tolle Ideen gehabt und viele Zwillingsmütter sind am Anfang froh, wenn ihnen jemand Anregungen für den Alltag mit zwei gleichaltrigen Kindern gibt.

Das Nachfolgebuch, eine Art Fortsetzung, Zwillinge – fit für die Schule“
wird dagegen weniger angenommen, weil die meisten Familien dann schon durch den Kindergartenbesuch ihrer Zwillinge entlastet sind. Das ist schade, denn auch in diesem Buch hat Natalie Schmitz wieder tolle Ideen vorgestellt, wie man Zwillinge sinnvoll und vor allem streitfrei und schon mit ein bisschen Blick auf die Einschulung beschäftigen kann.

Du betreibst außerdem die Zeitschrift Zwillinge seit 29 Jahren – gibt es eine Geschichte, die so toll, berührend oder witzig ist, dass sie Dir noch heute in Erinnerung ist?

Da sind mir viele Geschichten in Erinnerung. Und vor allem am Anfang war der Kontakt zu den Leserinnen noch viel intensiver, manche kannte ich auch privat. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir eine Familie, die innerhalb kürzester Zeit zweimal Zwillinge hatte. Wir haben uns erst vor drei Jahren bei Facebook quasi „wiedergetroffen“.

In Erinnerung ist mir aber auch die eher traurige Geschichte von den eineiigen Zwillingen, die beide Mukoviszidose hatten. Oder das Zwillingspaar, bei denen ein Kind Trisomie 21 hatte. Und dann die Sache mit dem Fahrradunfall, als mich eine Zwillingsmutter, die jahrelang Leserin der Zeitschrift ZWILLINGE war, im Büro anrief und berichtete, dass eines ihrer eineiigen Zwillingsmädchen ein paar Tage vorher auf dem Fahrrad von einem Heuwagen überrollt und getötet worden war. Jetzt lebe ich in der Nähe dieses Dorfes und denke praktisch immer noch an dieses tränenreiche Telefonat.

Deine Kinder sind jetzt erwachsen. Ist es für die beiden noch Thema, dass sie Zwillinge sind? Ab wann waren sie „nur“ noch Geschwister?

Da meine Zwillinge sehr verschieden sind, quasi dreieiig – da liegt noch irgendwo ein Ei dazwischen – hatten sie nie eine besondere Bindung zu einander und haben sich selbst auch nie als Zwillinge empfunden. Man sieht es ihnen auch nicht an.

Sie waren schon im Kindergarten in getrennten Gruppen, weil einer immer so dominant war und den anderen untergebuttert hat. Auch in der Schule waren sie getrennt, und das war auch gut so, denn ihre Schulkarrieren verliefen total unterschiedlich.

Das Thema Zwillinge hat Dich Dein ganzes (Berufs)-Leben begleitet. Was war am schönsten zu sehen bei den eigenen Kindern?

Speziell bei meinen Zwillingen war es sehr schön zu sehen, dass sie sich trotz der schlechten Startbedingungen (7 Wochen zu früh geboren, teilweise katastrophale Schulzeit) sehr gut entwickelt haben – jeder auf seine Weise.

Als Kinder haben sie sehr viel gestritten. Jetzt, wo sie erwachsen sind, ist es sehr schön zu sehen, wie sie sich verstehen, wenn sie zusammen kommen. Sie haben wenig direkten Kontakt zueinander, aber sind sie zusammen – zum Beispiel an Weihnachten – dann ist halt Blut doch dicker als Wasser, wie man so schön sagt. Dann verstehen sie sich alle drei – es gibt ja noch einen sechs Jahre jüngeren Bruder, Nicolai.

Und es ist sehr schön zu sehen, dass trotz der Sorgen der Schulzeit aus beiden Zwillingen „etwas geworden ist“ – Maximilian lebt und arbeitet in Hamburg im Controlling eines internationalen Unternehmens und Constantin betreibt seit vier Jahren ein eigenes, ganz ausgezeichnetes Restaurant (Restaurant Lindenallee), in Bad Homburg bei Frankfurt. Er ist gelernter Koch und seit er 16 ist, in diesem Beruf auf Achse, unter anderem auch in den renommierten Restaurants von Heinz Winkler (Aschau am Chiemsee), im Münchner KÄFER und dann war er auch jahrelang auf Mallorca.

Ab wann wurde es leichter? Wird es das jemals?

Es wird leichter, auf jeden Fall. Für mich waren die ersten drei Jahre die schwierigsten – die zu frühe Geburt, das Fläschchenfüttern, das nie gleichzeitig klappte, dann die unruhigen Nächte in den ersten zweieinhalb Jahren und dieser schreckliche, dauernde, ohrenbetäubende Streit.

Bei uns wurde es leichter, als die Jungs verständiger wurden und die Nächte entspannter. Was immer blieb, war diese ständige Konkurrenz unter den Zwillingen. Es wurde auch nicht einfacher, als sich der dritte Sohn auf die Seite des ohnehin dominanteren Zwillings schlug.

Was waren die schönsten Momente, die nur eine Zwillingsmama erleben kann?

Natürlich, als die beiden anfingen, sich gegenseitig wahrzunehmen. Folgerichtig waren diese Interaktionen bei uns eher „kriegerisch“ – also Zwilling 2, der schon robben konnte, kriecht zu Zwilling 1, der steif wie eine Mumie auf dem Rücken liegt und bohrt ihm in Nase, Mund und Augen … Das hört sich jetzt natürlich schrecklich an, aber es war doch irgendwie lustig, vor allem, weil Constantin ja sonst immer der Unterlegene war.

Spaß hat mir auch immer die Feststellung von Passanten gemacht: „Die sind aber nicht weit auseinander …“ Nein, zwanzig Minuten.

Was ist der beste Rat, den du je bekommen hast?

Da warte ich wohl heute noch drauf. Eigentlich war ich immer diejenige, die anderen einen Rat geben konnte. Nicht, weil ich die Über-Zwillingsmutter gewesen wäre, nein, ganz und gar nicht. Aber weil es doch „zu meiner Zeit“, also als meine Zwillinge geboren wurden, wirklich nicht ein einziges Buch zum Thema gab. Keine Literatur, auch keine Zwillingselterngruppen, keinen Blog – einfach nichts.

Das ist natürlich heute ganz anders. Jetzt gibt es jede Menge Informationen – im Internet, im Printbereich, es gibt mehr als 50 Gruppen für Eltern in ganz Deutschland, aber auch in Österreich und in der Schweiz. Also, wer einen Rat sucht oder einfach nur die Gesellschaft von Menschen in gleicher Situation – der findet und kann sich austauschen.

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Marion von Gratkowski ist Journalistin, Wirtschaftsjournalistin. Zu ihrem wichtigsten Thema „Zwillinge“ kam sie allerdings wie die Jungfrau zum Kind … durch eigene Zwillinge, die natürlich anders als bei Mutter Maria tatsächlich gezeugt wurden. Ihre Zwillinge – zweieiige Jungs – sind längst erwachsen. Das Thema „Zwillinge“ ist der gebürtigen Berlinerin allerdings geblieben. Von der Wirtschaft zu den Windeln – sie hat es nie bereut.

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