*Achtung, kann Spuren von Sarkasmus enthalten
Ist euer Leben langweilig? Seid ihr die ständige Harmonie und euer konfliktfreies Umfeld leid? Facebook hat da eine Lösung für euch – tretet in eine Mutti-Gruppe ein, da wird euch geholfen! Auch ich, einst noch naiv und mit dem Glauben an die Menschheit ausgestattet, bin Mitglied in unzähligen Gruppen, in denen sich vorwiegend Mamis tummeln, um sich dort mit Gleichgesinnten „auszutauschen“. Wie dieser Austausch im wirklichen Leben aussieht ist euch sicherlich bekannt. Es herrscht ein rauerer Ton als bei den Navy Seals, die Umgangsformen würden jeden Hooligan beschämen und in Sachen Intoleranz würde sogar das härteste Ku-Klux-Klan-Mitglied anerkennend mit der Kapuze nicken. Fakt ist, wer sich in Mütter-Gruppen austauschen will braucht in dickes Fell und spitze Finger. Damit ihr euch im wilden Getümmel etwas besser zurecht findet, habe ich für euch einen kleinen Survival-Guide verfasst.
Wer erwartet euch also in den berühmt-berüchtigten Mutti-Facebook Gruppen?
Die stolze Vollblutmama
Leicht zu erkennen ist diese Spezies an den zahlreichen Bild-Posts, mit denen sie gerne ihre favorisierte Mutti-Gruppe überschwemmen. Aus diesen Posts können wir alle detailgenau und in bunten Bildern entnehmen, wann ihr Kind das erste Mal gepupst hat und (gerne mit angeschlossener Insta-Story) das erste große Geschäft ins Töpfchen verrichtet hat. Mit stolz geschwellter Brust sitzt Mutti vor dem Handy und postet wild hochaufgelöste Fotos ihrer Schätze und ganz nach dem Motto „Datenschutz my ass“ auch mal lustige Bildchen ihrer kleinen Schätze in der Badewanne oder mit blankem Popo auf der Wiese.
Das naive Neu-Mitglied
Um dem frisch erworbenen Facebook-Account auch ein wenig Zuwendung zu schenken, meldet sich diese Gattung Mütter erstmal in allen möglichen Mutti-Gruppen an um dort – ganz unbedarft und ohne böse Vorahnung – ganz normale Fragen aus dem Alltag zu posten. Man wünscht sich ja Austausch mit Gleichgesinnten, ihr versteht? Leider wissen diese Mütter (noch) nicht, dass man das laut Gruppen-Etikette nicht so einfach machen kann, denn von einigen No-Go-Themen sollte man gefälligst die Finger lassen. Zu diesen Themen zählen: Stillen, Nicht-Stillen, Kindersitze, Brei vs. BLW, Erziehungstipps, Tragen und Kinderwagen, Arbeiten mit Kind, Elternzeit, Kinderkleidung, Windeln, Spielzeug… Ach sein wir ehrlich, es gibt kaum ein Thema, das in einer Gruppendiskussion nicht zerrissen wird, denn auf all diese Themen stürzt sich die nächste Spezies.
Die Missionarin
Die Missionarin hat nur ein Ziel: Die Welt zu einem besseren Ort machen. Und die Welt kann nur besser werden, wenn alle Mütter dieser Erde IHRER Weltanschauung folgen. Um dies durchzusetzen, wendet die Missionarin einige ganz subtile Überredungstechniken an, wie in folgendem Beispiel. Die Naivling-Mutti „Sabine“ postet mit besten Absichten und völlig unbedarft die Frage, welcher Kindersitz sich wohl am besten für ihren heranwachsenden Sprößling eignet. Noch bevor jemand die Chance hat, eine wohlüberlegte Antwort zu schreiben, springt die Missionarin aus ihrem Versteck und hackt mit spitzen Fingern wüste Beschimpfungen und Flüche in ihr Handy. „Wenn du keinen Reboarder kaufst, bist du selbst Schuld, wenn dein Kind stirbt! So jemand wie du, sollte gar keine Kinder bekommen, du Vorarbeiterin aller Rabenmütter! Ich melde dich beim Jugendamt, ich weiß wo du wohnst! Meine Großmutter wird dich und all deine Nachkommen mit einem Fluch belegen, du unkrautgebährender Anti-Christ!“
Sabine weiß nun immer noch nicht welchen Kindersitz sie kaufen soll, hat aber eine wichtige Lektion gelernt „Nur wer fragt, dem wird auch geholfen eins auf die Mütze verpasst.“
Die Missionarin hat ihr Ziel erreicht, leicht erhöhten Blutdruck und kann nun in Ruhe den Newsfeed ihrer begeisterten Leserschaft mit Beiträgen ihrer zu ihrem präferierten Erziehungskonzept fluten, um zu verhindern, dass wildfremde Kinder durch das Versagen anderer Mütter zu infantilem Brokkoli mutieren. Gut gemacht, liebe Missionarin.
Die Medizinerin
Die Medizinerin hat ähnliche Beweggründe wie die Missionarin – sie möchte helfen! Sieht sie einen Post, in dem eine verzweifelte Mutter nach den möglichen Gründen für den mikroskopisch-kleinen roten Punkt auf ihrem Erstgeborenen fragt, steht sie sofort in den Startlöchern. Schnell mit behandschuhten Fingern Dr. Google befragen, schon kann die Sprechstunde beginnen. Wusstet ihr, dass kleine Kinder unheimlich anfällig für Vergiftungen, Borreliose und Pest sind? Ich auch nicht, aber Himmel sei Dank lese ich aufmerksam in allen Gruppen mit und habe daher gelernt, dass man beim kleinsten Anzeichen von Unwohlsein (zum Beispiel rote Wangen oder ungute Stimmung) ohne Umwege ins Krankenhaus fahren sollte, weil akute Lebensgefahr besteht. Außerdem weiß ich nun, dass rote Flecken, die ich früher völlig stümperhaft als Mückenstiche abgetan hätte, die ersten Anzeichen von Ebola und Dengue-Fieber sein können und ich damit entweder direkt in die Notaufnahme fahren sollte, oder diese alternativ mit Globulis von der örtlichen Kräuterhexe behandeln kann.
Die Medizinerin ist übrigens keine Ärztin, die sich in der Mittagspause die Zeit vertreiben möchte, sondern einfach nur eine besorgte Mutter, die gerne ihr Wissen mit anderen teilt. Vielen Dank dafür!
Die stille Mitleserin
Per Definition müsste die stille Mitleserin eigentlich nur zwei Dinge tun: still sein und mitlesen. Da ihre Posts aber häufig mit „Ich bin zwar eigentlich stille Mitleserin, aber…“ beginnen, weiß man meist nach kurzer Zeit mehr über das Familienleben dieser Dame, als über die plauderfreudige Nachbarin am Gartenzaun.
Die anonyme Fragestellerin
Oft und gerne gesehen sind Posts, die anonym an das Admin-Team geschickt werden, damit diese sie völlig diskret in die endlosen Weiten des Internets verbreiten können. Meistens geht es in diesen Beiträgen um sehr delikate Themen wie Sex, Genitalhygiene oder das Unterlassen derselbigen, Ehebruch und Geldprobleme. Selbstverständlich werden solche Belange mit großer Leidenschaft diskutiert, auseinandergenommen und mit mehr oder weniger hilfreichen Tipps versehen. Wenn die Fragestellerin anonym bleibt, ist die Versuchung jegliche Regeln der Höflichkeit und Etikette bis zum äußersten zu überreizen natürlich besonders hoch, also wird hier besonders gerne geschimpft, verspottet und gelästert. Was sich mir übrigens nicht erschließt ist die Tatsache, dass sich diese anonymen Mütter gerne persönlich bei den antwortenden Damen bedanken oder direkt auf Fragen antworten, was dieses Ding mit der Anonymität etwas schwierig gestaltet.
Die Fake-Tragödie
Für manche Mamis sind Facebook-Gruppen wie eine kleine Familie – 12.500 Freunde, die alle im gleichen Boot sitzen und sich näher stehen als Blutsgeschwister, da sie ja alle die höchstschwierigen Beitrittsrituale der jeweiligen Gruppe erfolgreich absolviert haben. Diese Gemeinschaft wird gerne ausgenutzt von solchen, die im Leben zu wenig Aufmerksamkeit bekommen oder denen für ihre 5-Minuten-Fame nichts zu schade ist. So leiden regelmäßig alle Gruppenmitglieder mit der armen Mutter, die im 12. Monat mit Neunlingen schwanger ist und ihren Mann pflegen muss, der sich im Endstadium der Männergrippe befindet und wahrscheinlich bald eingeschläfert werden muss. Sie klagt ihr Leid, dass es ihr finanziell gerade besonders schlecht geht, da die krebskranke Katze das Sparbuch gefressen hat und eine würdige Bestattung ihres Mannes somit unmöglich sei.
Zu allem Überfluss wurde sie von den gewaltbereiten Nachbarn bei der Polizei angezeigt, da ihre 2-, 3- und 4jährigen arm- und beinamputierten Pflegekinder beim Seilspringen in der Wohnung zu viel Krach machen. Ihr seht – für jeden ist etwas dabei – Spannung, Drama und Übertreibung. Je unglaublicher die Geschichte ist, desto mehr hormonbetäubte Muttis finden sich, die sofort die Organisation von Care-Paketen vorbereiten, für das schwer traumatisierte Familienkaninchen Ohrenschützer stricken und ein Konto einrichten, auf das bitte alle aus der Gruppe spenden sollen. Ist es nicht schön, dass es noch so viel Liebe in der Welt gibt?
Väter
Ganz heimlich, still und leise versuchen gerne auch mal Väter in der mystischen Welt der Mutti-Communities Fuß zu fassen, doch ihnen wird es nicht leicht gemacht! Meistens werden sie erst durch schwierige Beitrittsfragen wie „Hast du Kinder?“ abgefangen oder bei Entdeckung eines typisch weiblichen Vornamens wie „Harald“ ohne Warnung von den Admins aus der Gruppe geworfen. Hat es doch mal ein männliches Mütter-Exemplar in eine Gruppe geschafft, findet es sich inmitten eines Fremdwörterdschungels um ihre Expertise zu Themen wie Menstruationstassen, Wochenfluss und Scheidentrockenheit abzugeben. Wer hier als Mann noch nicht aufgegeben hat ist entweder ein ganz harter Kerl oder aber ein Masochist. Diejenigen, die sich trotz aller Östrogen-Keulen tapfer in den heiligen Hallen aufhalten fallen in der Regel positiv auf durch Kommentare wie „Warum genau regt ihr euch jetzt auf?“
Liebe Mütter, wenn ihr jetzt noch das Bedürfnis verspürt euch in eine der zahlreichen Müttergruppen zu integrieren, lasst euch eins gesagt sein – seid wie die Väter, regt euch nicht auf. Und denkt immer daran, am anderen Ende eures WLAN-Kabels sitzen lebendige Menschen, fast wie im echten Leben.
Fandest du lustig? Könnte dir auch gefallen:
Das Hochzeits-High-Heels-Birkenstock Drama
Ich hab lange nicht so viel gelacht. Es ist einfach soo wahr!!
Haha, danke dir!!!