Wie ist es, Zwillinge daheim zu bekommen? Reini erzählt uns von der Hausgeburt ihres Zwillingspärchens und von dem Weg dorthin. Außerdem stellen wir dir einen Podcast vor, der sich ganz und gar mit dem Thema „Hausgeburt“ beschäftigt.
In welcher SSW hast du von deiner Schwangerschaft erfahren?
In der 9. SSW, gleich bei der 1. Untersuchung wussten wir: Zwillinge. Zuerst war ich verunsichert (schaffen das Beide?), schließlich gab es in unseren Familien keinerlei Zwillinge. Die Frauenärztin meinte alles Bestens und dann kam ein Gefühlsschwall: Freude, Stolz, Überraschung, Lachen, Glück. „Wie haben wir das zusammengebracht?“
Wie hat dein Partner reagiert?
Mein Partner war Gott sei Dank dabei. Ich meinte noch, wenn er nicht mitgehen mag ist das auch ok, schließlich wissen wir beide, dass ich schwanger bin und den erwarteten Geburtstermin können wir uns selbst errechnen. Er war auch überwältigt, und dachte aber eher praktisch an notwendige Organisationen.
War es eine Überraschung oder geplant?
Wir haben uns einen Spielgefährten/in für meine einjährige Tochter gewunschen, und bald zwei
bekommen.
Wann hast du realisiert, dass du Zwillinge hast?
Dass ich Zwillingsmama bin habe ich immer noch nicht ganz realisiert. Wenn ich einen Zwillingswagen sehe dann frage ich mich immer wie schaffen das die Eltern bloß? Erst im nächsten Moment fällt mir dann ein: „Ich bin ja selbst eine Zwillingsmutter.“
Wann hast du von deiner Schwangerschaft erzählt?
Wir haben bei der ersten Gelegenheit auf die erneute Schwangerschaft angestoßen. Erst als die Gläser leer waren haben wir von den Zwillingen erzählt, und erneut angestoßen.
Wie hast du es deinem Chef erzählt?
Ich bin selbstständig.
Wie war die Schwangerschaft? Gelüste? Schlecht? Vorzeitiger Mutterschutz?
Meine Einlingsschwangerschaft: Mir war nie übel; hatte lediglich Gusto auf Oliven; habe zuckerfrei gelebt; viel Bewegung gemacht; sehr starke Kindsbewegungen; hatte +21kg; Geburt: 41+6 und 3,9kg wog meine Tochter.
Meine Zwillingsschwangerschaft: Vorzeitiger Mutterschutz; im 1/3 war mir permanent übel; Gusto auf asiatisches Essen; war sehr erschöpft; wenig Bewegung; wenig Kindsbewegungen; hatte +27kg; Geburt: 40+1 und 3,2kg wog mein Sohn / 3,5kg wog meine Tochter.
War die Schwangerschaft belastend? Ab wann? Wer hat dir geholfen?
Sehr anstrengend waren für mich die letzten Wochen. Es war ein sehr heißer Sommer plus Schlafmangel, Juckreize (Leber arbeitet auf Hochtouren), alle 3 Stunden (auch nachts) hatte ich Hunger. Kleidung: Mir passte fast nichts mehr, ich habe mich sehr unwohl gefühlt. Meine Familie hat mich in allem unterschützt. So konnte ich mich entspannen und die Kinder bis zuletzt austragen. Zusätzlich waren meine Hebammen großartig (mit viel Lob & Zuspruch).
Wie war die Geburt? Welche SSW? Warum hast du dir gewunschen die Zwillinge daheim zu gebären?
Meine Einlingsgeburt: 41+6 mit gefühlt nach 3 Tagen Wehen kam meine Tochter mit der linken Hand am Ohr zur Welt. Hausgeburt durch Hebamme Margarete. Meine Zwillingsgeburt: 40+1 mit ca. 12 Stunden nach den ersten Wehen kam unser Pärchen zur Welt. Hausgeburt durch Hebamme Margarete, Hebammenschülerin Andrea, Fr. Dr. Marina Marcovich. Mein Sohn kam auf dem Geburtshocker zur Welt. Ich fühlte mich sehr erleichtert. Dann hatte mich meine Hebamme Margarete in die indische Brücke gebeten, soweit das möglich war. In der nächsten Wehe hat sie geschickt in mich gegriffen und den Arm meiner Tochter zurecht gelegt, also somit die Hausgeburt meiner Tochter ermöglicht. (Sie hatte ihren linken Arm quer über ihrem Köpfchen.) 75 Min nach meinem Sohn kam meine Tochter in Seitenlage auf die Welt. Danach kamen die zwei Plazenten. Wir sind sehr glücklich über das geschickte Vorgehen meiner Hebammen, weil wir uns somit den Kaiserschnitt erspart haben, den ich im Spital höchstwahrscheinlich bekommen hätte. Wir hatten eine schöne, geplante Hausgeburt mit unserer älteren Tochter erlebt. Warum sollte mit Zwillingen alles anders sein? Gleiches Recht für alle: So natürlich wie möglich wünschen wir jedem Kind den Start ins Leben, möglichst ohne chemische Hilfsmittel. Mögen sich unsere Kinder ihren Geburtstag aussuchen, uns mit ihren Geschlechtern überraschen, sowie die natürliche Geburtsreihenfolge beibehalten (Wer ist der erste Zwilling?). Nach der Geburt wollten wir so rasch wie möglich als fünf köpfige Familie vereint sein.
Mich schreckte eine Spitalsgeburt eher ab: „Konnte ich dort selbstbestimmt (in meiner Zeit, in
meiner Wunschhaltung, frei von Chemie) entbinden? Ein ca. 10-köpfiges unbekanntes Ärzte/Hebammenteam, plus sich ständig ändernde Corona-Maßnahmen, plus das Gefühl, dass mein Partner und meine zweijährige Tochter möglicherweise für ein paar Tage auf die Besuchszeiten angewiesen sind, schreckten mich am meisten ab. Trotzdem waren wir in zwei Spitälern angemeldet.
Hast du vielen von deinem Wunsch nach einer Hausgeburt erzählt?
Wir haben von vornherein immer gesagt wir sind in 2 Spitälern angemeldet, haben aber ein Geburtsteam für eine mögliche Hausgeburt aufgestellt. (2 Hebammen, 1 Ärztin – In Österreich ist bei einer Zwillingshausgeburt Arzt-Hinziehungspflicht). Wir lassen uns überraschen wo die Kinder geboren werden wollen bzw. könnnen. Erst wenn relevante Bedingungen erfüllt sind, ist eine Hausgeburt sinnvoll möglich (2 Plazenten, beide Kinder in Schädellage, ab der 37. SSW).
Reaktionen?
Wie der Name Fr. Dr. Marina Marcovich gefallen ist (vgl. z.B. Internet), war die Geburt von allen Seiten abgesegnet (Ärzte, Spitalshebammen, Familie, Freunde, Nachbarn, …). Dass meine Hebamme schon eine Zwillingshausgeburt begleiten durfte und ich mit einer Mutter Kontakt hatte, die auch ihre Zwillinge daheim geboren hat, hat mich und mein Umfeld auch deutlich bestärkt. So wie man in den Wald hineinruft, schallt es zurück bzw. ein selbstsicheres Auftreten überträgt sich auf Dritte.
Was rätst du anderen Schwangeren, die sich eine Hausgeburt wünschen?
Verbündete suchen (Familien, Freundeskreis, Hebamme, Coach…). Kontakt zu einer Hebamme aufbauen: Margarete hat mich über meine Rechte aufgeklärt, so war ich bestens vorbereitet, informiert und musste nicht alle Arzt-, Spitalstermine und Untersuchungen wahrnehmen. Ich konnte einfach beruhigt zur Frauenärztin meines Vertrauens im Ort gehen. Sprich ich wurde aus der mentalen Ecke „Risikoschwangerschaft“ geholt. Vorsicht! – Das Umfeld kann einen stark verunsichern; also überlegen, wem man (zuerst oder überhaupt) von der Hausgeburt erzählt.
Welche Tipps gibst du werdenden Zwillingseltern mit auf den Weg?
Die beste Vorbereitung ist ein älteres Geschwisterchen. Zwei Kinder müssen nicht unbedingt anstrengender sein als eines. Falls es ein älteres Geschwisterchen gibt: Ein kleines Ritual einführen. Egal wie der Tag ist, wie wenig gemeinsame Zeit bleibt, auf diese paar gemeinsamen Minuten können wir täglich zählen. Immer eins nach dem anderen machen, auch wenn es zuerst unmöglich erscheint. Das große Ganze im Blick behalten. Geduldig sein (vor allem mit sich, seinem Körper & Partner). Das erste Jahr ist ein einziger „Rausch“, es vergeht im Handumdrehen. Ehrlichgesagt glaube ich, ist alleinerziehend sein anstrengender als die Zwillingssituation, bei der man eher Unterstützung bekommt. Außerdem: Hochwertige Zusatzvitamine und Omega 3-Fettsäuren wurden mir empfohlen. Der frühzeitige Mutterschutz tat gut. Ich selbst habe keine Zwillingsblogs gelesen, Selbstreflexion ist hier sehr wichtig (Verunsichern mich Berichte oder bestärken sie mich?). Wenn es sehr anstrengend ist, so kann bspw. ein einfacherer Gedanke helfen: „Sind ja nur Zwillinge, keine Drillinge!“
Der Podcast „Zuhause geboren“ von Hebamme Margarete Wana: Hier dreht sich alles um Hausgeburten
Hebamme Margarete Wana ist nicht nur auf Hausgeburten spezialisierte Hebamme, sondern macht auch einen Podcast, der sich mit Schwangerschaft, Geburt und Babyzeit beschäftigt. Hier erzählt sie, was sie an Hausgeburten so fasziniert. Die Podcast-Folge mit Zwillingsmama Reini kannst du hier anhören.
Du bist Hebamme und auf Hausgeburten spezialisiert – wie kam es dazu? Welche Faszination üben Hausgeburten auf dich aus?
Ich habe schnell in der Ausbildung während dem Praktikum in den Spitälern gemerkt, dass ich so nicht arbeiten will. Ich habe viele unnötige medizinische Interventionen und auch zu viele gewalttätige Übergriffe erlebt. Begonnen hab ich dann mit privaten Geburtsbegleitungen, nach und nach kamen mehr Hausgeburten dazu und nach einem Jahr hab ich beschlossen, ausschließlich Hausgeburtshebamme zu sein. Dieses Arbeitsfeld war einfach um so vieles besser für Mutter und Kind, das eigene Tempo, aus eigener Kraft und zuhause zu gebären ist einfach nochmal was ganz anderes. Und ich war nicht abgelenkt von den vielen „hausinternen Regeln“, dem Computer,…
Für wen würdest du eine Hausgeburt empfehlen, für wen nicht?
Prinzipiell ist für den Großteil der Frauen eine Hausgeburt möglich. Es gibt manche Erkrankungen der Frau oder des Kinds, die ein Krankenhaus-Setting erforderlich machen. Schlussendlich steht das Selbstbestimmungsrecht im Vordergrund. Wenn eine Frau keine Hausgeburt will, dann kann und soll man ihr auch keine einreden. Umgekehrt gibt es natürlich auch Frauen, die mit einem Hausgeburtswunsch zu mir kommen, denen ich sagen muss, dass es keine gute Idee ist.
Was braucht es aus deiner Sicht, dass eine Hausgeburt gelingt?
Zwillinge und Hausgeburt(en) schließen einander nicht aus, wie Reinis Geburtsbericht eindrucksvoll zeigt. Wie oft durftest du schon Zwillinge daheim entbinden? Was ist anders bei einer Zwillingsgeburt für dich als Hebamme?
Erzähl auch du uns deine Geschichte! einerschreitimmer@gmx.at
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