Witwe mit 29: „Man glaubt es am Anfang nicht – aber irgendwann lernt man, das Leben wieder zu lieben“

Wie lebt man weiter, wenn das Herz zerbricht? Christina verlor ihren Mann völlig unerwartet – und stand plötzlich alleine mit zwei Kindern da. Heute, fünf Jahre später, spricht sie darüber, wie sie die dunkelsten Stunden überstanden hat, warum Hilfe annehmen Stärke bedeutet und wie sie gelernt hat, das Leben wieder zu lieben.

Liebe Christina, bevor wir über dein Buch und deine Geschichte sprechen – wie sah dein Leben vor 2020 aus?
Ich hatte vor 2020 ein wundervolles Leben. Ich war glücklich verheiratet mit meinem Mann Bernd, wir haben zwei Kinder und ein gemeinsames Zuhause. Wir haben das Leben in all seinen Farben und Facetten geliebt. Wir waren viel unterwegs, haben Abenteuer erlebt – und Bernd war ein Papa, wie man ihn sich nur wünschen kann.

Und dann kam das Jahr 2020. Was ist damals passiert?
2020 wurde das dunkelste Kapitel in unserem Lebensfilm geschrieben. Kurz nach Beginn der Corona-Pandemie war ich gerade nicht berufstätig, da ich in einer privaten Ordination gearbeitet hatte. Damals wurden vorerst nur Notfälle behandelt und darum entschlossen die Chefleute mit mir gemeinsam, dass ich mal ein Monat zuhause bleiben solle und wir entscheiden die Lage dann neu. Wir wollten somit bewusst mehr Zeit mit der Familie verbringen. Doch nur drei Tage später, am 3. April, geschah das Unfassbare: Mein Mann Bernd erlitt völlig unerwartet mit nur 37 Jahren einen Herzinfarkt. Trotz sofortiger Rettungskette konnte ihm niemand mehr helfen. Von einer Sekunde auf die andere war er weg – und unser Leben stand still.

Wie bist du mit diesem unfassbaren Verlust umgegangen?
Die ersten Tage und Wochen funktioniert man einfach nur. Es sind unendlich viele bürokratische Dinge zu erledigen und Wege zu gehen, die man mit jungen 29 Jahren nicht im Ansatz gehen wollte. In den ersten Monaten war es fast unmöglich, Menschen wirklich nah bei uns zu haben, weil ja Corona alles eingeschränkt hat. Sogar auf die große Verabschiedung wo alle dabei sein durften mussten wir über 3 Monate warten, da die Maßnahmen damals alles eingeschränkt haben. Aber ich habe gemerkt, wie wichtig Austausch ist. Wir haben begonnen, bunte Steine zu bemalen und sie als „Bernd-Steinreise“ auf Facebook zu teilen. So konnten viele Menschen Anteil nehmen und uns ihre Unterstützung zeigen. Es war unglaublich berührend, wie viele mitgemacht haben. Ich selbst musste viel sprechen/ schreiben. Es hat mir vor allem abends geholfen das Unfassbare in Worte zu fassen und mir von der Seele zu sprechen. 

Mir haben auch meine Familie, die von Tag 1 an unserer Seite stand, und die professionelle Trauerbegleitung sehr geholfen. Ich finde, das ist etwas ganz Wichtiges: Hilfe anzunehmen, wenn man nicht mehr weiter weiß. Das zeigt keine Schwäche, sondern große Stärke. Mir ist es ein besonderes Anliegen zu sagen, dass man da nicht alleine durch muss. Es gibt so kraftvolle Vereine, professionelle Hilfe die genau in diesen Situationen ganz viel Kraft spenden damit man wieder aufstehen kann. 

Viele Menschen fragen sich, ob es irgendwann wieder leichter wird. Was hat dir Hoffnung gegeben?
Für mich war es vor allem der Austausch mit anderen Betroffenen. Da musste ich nichts erklären – sie haben einfach verstanden, wie sich die Trauer anfühlt. Irgendwann spürt man, dass das Leben sich verändert und dass man selbst auch etwas verändern muss, um wieder in die Kraft zu kommen.

Ich habe immer gespürt, dass Bernd bei uns ist. Wenn wir keine Kraft mehr hatten, kam irgendwie doch wieder welche – und ich habe immer fest daran geglaubt, dass sie von ihm geschickt wurde.

 

Du hast letztes Jahr eine große Entscheidung getroffen: Euer gemeinsames Haus zu verkaufen. Warum?
Ja, das war ein schwerer Schritt, der wirklich lange überlegt war, aber für mich notwendig. Es gibt kein Richtig oder Falsch in so einer Situation – jeder trauert anders. Für mich war das Haus irgendwann mehr Belastung als Heimat, weil mich dort einfach alles an den Verlust erinnert hat. Der Verkauf hat uns Luft zum Atmen gegeben und die Möglichkeit, ein neues Kapitel zu beginnen.

Wie sieht euer Leben heute aus?
Heute führen wir ein ganz neues Leben. Wir lachen wieder viel, wir unternehmen Dinge, wir sind füreinander da. Wir haben gelernt, das Leben neu zu lieben und ihm zu vertrauen. Der Schmerz wird immer ein Teil von uns bleiben, aber wir haben auch eine neue Kraft gefunden, die uns trägt. Mittlerweile habe ich mich auch selbstständig gemacht und bin nicht nur Energetikerin um Menschen (auch über die Ferne) viele Blockaden und Themen energetisch auf- und abzulösen sondern leite mittlerweile ein herzliches Team. Ich bin Markenbotschafterin eines österreichischen Familienunternehmens und gemeinsam mit anderen wundervollen Menschen denen die Natur, Umwelt aber auch was man sich selbst auf die Haut schmiert wichtig ist, machen wir unzählige Badezimmer dieser Welt grüner. Das ist ein unfassbar schönes Gefühl einen Beitrag für Mensch, Tier und Umwelt zu leisten. 

Wie bist du auf die Idee gekommen, ein Buch über deine Geschichte zu schreiben?
Anfangs war es wie bereits kurz erwähnt ein Ventil um alles zu verarbeiten. Es begann mit einem Tagebuch. Die Abende waren elendig lang weil ich oft bis Mitternacht nicht einschlafen konnte. So saß ich stundenlang alleine mit mir und meinen Gedanken. 

Da ich viele Gedanken damals auch schon auf Facebook und später auf Instagram teilte, hörte ich von anderen sehr oft, dass das was ich schreibe so sehr berührt. Dass sie so viel für sich mitnehmen können und es einfach trotz all der Traurigkeit Kraft spendet. So habe ich das dann eben umgeschrieben und letztendlich war es dann eine sehr gute Freundin die mir sagte: „Jetzt mach es doch endlich fertig, dein Buch! Das muss raus in die Welt.“ Ich bin meiner lieben Cathy sehr dankbar, denn ohne diesen lieb gemeinten Tritt hätte es noch länger am PC verweilt. 

Was bedeutet dir dieses Buch persönlich – und was möchtest du den Leser:innen damit mitgeben?
Dieses Buch ist für mich mehr als nur ein Buch. Es darf ein Lichtbringer sein. Es soll und darf anderen Menschen zeigen, dass egal wie schwer und dunkel sich alles um dich gerade anfühlt, es immer einen Weg gibt, wie es auch wieder hell und schön wird. Anders. Neu. Mit ganz viel Mut im Bauch traut man sich sogar manchmal Veränderung zuzulassen. Ich bin definitiv keine klassische Autorin, jedoch schreibe ich über das Leben. Über die Liebe die für immer da bleibt, selbst wenn ein Teil nicht mehr auf der Erde ist. Mit diesem Buch möchte ich anderen Mut machen dass es okay ist für sich und seine Wünsche, Werte und Ideen einzustehen und dass es tatsächlich egal ist was Andere sagen oder vielleicht sogar darüber urteilen. Wichtig ist, dass es sich für DICH richtig anfühlt. In Wahrheit gibt es – leider – kein Geheimrezept wie man in so einer Situation umgehen muss oder soll. Die Zeit bringt Antworten aber auch Menschen an deine Seite, die den Weg mit dir gehen.

Gab es einen bestimmten Moment, an dem du gespürt hast: „Jetzt beginnt ein neuer Abschnitt?“
Absolut ja. Das war definitiv zuerst meine Selbstständigkeit und die damit einhergehende Möglichkeit mehr bei meinen Kindern zu sein. Für die zwei da zu sein war mir von Beginn an das Wichtigste. Darum wusste ich, ich muss hier etwas ändern damit ich das auch so leben kann. Später dann der Hausverkauf. Wir haben eine wunderschöne große und helle Wohnung gefunden. wo wir einfach ankommen und heilen dürfen. Einmal quer durch Kärnten in ein ganz neues Leben. Klar, war das auch für die Kinder von Beginn an nicht nur einfach und leicht, jedoch halten wir so sehr zusammen und sind jetzt auch näher bei meiner Familie. Das ist einfach wundervoll und öffnet auch wiederum ganz neue Türen. 

Wie erlebst du das Leben als Mama heute – im Vergleich zu „früher“?
Wenn ich ehrlich bin, jetzt tatsächlich viel bewusster. Früher konnte ich auf vielen Veranstaltungen nicht dabei sein, denn die Ordination macht wegen einer Schulaufführung natürlich nicht zu. Viele Momente konnte ich damals nur via Video anschauen was – wie wir alle wissen – einfach nicht das gleiche ist. Bernd konnte sich dafür schon immer Zeit nehmen was mich ein wenig beruhigte. 

Heute bin ich immer da wenn es was braucht. Egal ob ein Kind mal eben schnell von der Schule geholt werden muss oder die Brotdose vergessen wurde. ich kann mir die Zeit mittlerweile komplett frei einteilen. Wir sind unfassbar gerne spontan und lieben es jemanden zu besuchen oder mal einen Ausflug zu machen. Ungeplant, spontan und herzlich ehrlich würd ich uns beschreiben. Jeder Moment ist so kostbar und das Leben ist einfach zu kurz für irgendwann. Darum leben und lieben wir jeden einzelnen Tag und geben täglich unser Bestes.

Wenn du anderen Betroffenen etwas mitgeben könntest – was wäre das?
Dass man nicht alleine durch diese Dunkelheit gehen muss. Hilfe annehmen, sich austauschen, Trauer teilen – all das macht stark. Jeder trauert anders. Manche brauchen viel Austausch, andere weniger. Nichts ist richtig oder falsch – für den Betroffenen muss es sich gut anfühlen – so gut es in so einer Situation eben möglich ist. Für Angehörige ist vielleicht gut zu wissen, dass der Satz: „Melde dich, wenn du was brauchst…“, zwar lieb gemeint ist, aber in der Situation meiner Meinung etwas fehl am Platz. Man will niemanden „brauchen“, sondern sein altes Leben zurück, was einem niemand geben kann. Besser ist es nicht aufzuhören einzuladen, fragen ob man gemeinsam spazieren gehen soll oder, wenn die Person eher verschlossen ist, mal eine Karte oder einen Kuchen vor die Türe zu stellen. Solche Gesten zeigen, dass man nicht allein ist, auch Wochen und Monate später. 

Und auch wenn man es am Anfang nicht glauben kann: Irgendwann lernt man, das Leben wieder zu lieben. Versprochen.

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Mein Buch „Wir hatten haben noch so viel vor“ findest du auf www.buchschmiede.at

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