Bekomme Kinder, haben sie gesagt. Du wirst es lieben, haben sie gesagt. Jetzt nach Jahren der Elternschaft kann ich rückblickend sagen: Stand der Dinge – immer noch Augenringe! Zugegeben, so kurz nach der Geburt war ja alles halb so schlimm: Als Neo-Eltern hat man diesen hauseigenen Hormoncocktail, den übermüdete Bank-Manager nur durch illegale Substanzen erreichen. Und man hat diesen Jungeltern-Stolz an sich: Wie kleine Orden schleppt man seine Augenringe durch den Tag – immerhin sind sie Zeichen, dass man jetzt in einem exklusiven Club aufgenommen wurde. Eintrittskarte ist das Durchtrennen der Nabelschnur – Austreten kann man nie wieder.
Die Magie der ersten Monate ist irgendwann dahin. Man leidet unter Schlafentzug, der ja in manchen Ländern bekanntlich als Folter angewendet wird. Man sehnt sich nicht nach Bei-, sondern viel mehr nach Tiefschlaf. Denn die harte Realität beginnt, wenn die Zähne kommen. Die bohren sich nämlich erst durch das Zahnfleisch des Kindes und gleichzeitig damit auch durch die Nerven der Eltern. ABER VORISCHT! SPOILER: Es wird nicht besser! Es wird nur anders.
Eiszehen, Familienbett und andere Grausamkeiten
Denn wenn die Kleinen erst mal mobil sind, dann beginnt das eigentliche Drama: Kinder stehen wie diese kleinen Häschen aus der Batterie-Werbung unter Strom und laufen, und laufen, und laufen… Sie öffnen sich dann selbst die Türe von ihrem Zimmer, trappeln den Flur entlang und legen sich ungefragt zu dir ins Ehebett. Quer. Oder sie strecken ihre kleinen Eiszehen auf deinen Oberschenkel und klauen dir mit treuherzigem Blick die Decke. Manchmal singen sie einfach in der Nacht. Oder sie wollen, dass du singst. Du bist dir nicht sicher, was davon besser ist…
Schimpfwörter, eigenwillige Lehrer und das Handy
Irgendwann kommt es richtig dick: Die Schule! Da treffen Welten aufeinander. Erziehungsstile und Weltansichten. Die Kinder kommen mit Wörtern nach Hause, die einem Erwachsenen beim Autofahren vielleicht rausrutschen, aber am Esstisch nichts verloren haben. Einzelne Lehrer können ganze Familiensysteme ins Wanken bringen. Schließlich endet alles in der elterlichen Trotzphase. Das Kind sagt von Selbstmitleid geplagt: „Alle in der Klasse haben ein Handy, nur ich nicht.“ Wir Eltern: „Mimimimimiiiiii! ICH WILL ABER NICHT!“ Spätestens jetzt kommen die Klassiker der Erziehung: „Wenn alle von der Brücke springen, dann…“
Unvorteilhafte Buntstiftporträts und angebrannte Eierspeise
Und dann kommt einmal im Jahr das Fest der Feste, der Muttertag. Vielerorts wird er als Kommerzveranstaltung kritisiert. Als Erfindung der Blumenhändler, um mehr Absatz zu machen. Als kapitalistische Überhöhung des Mutterseins. Aber ganz ehrlich: Ich stehe drauf! Denn ich habe es mir mehr als verdient.
Ich mag Filzherzen mit Kleberesten. Ich liebe im Singsang runtergeleierte Muttertagsgedichte und Briefe mit sinnstörenden Rechtschreibfehlern. Und ich stehe total auf angebrannte Eierspeise und unvorteilhafte Buntstiftporträts.
Wie beschrieben ist die Elternschaft mitunter kein Honiglecken. Aber man lernt dabei sehr viel. Über das Leben, die Menschheit an sich, Geschlechtergerechtigkeit, Fairness und vor allem lernt man am meisten über sich selbst. Eltern sind Meister der Flexibilität und Profis der Situationselastik. Eltern wissen, dass das Leben nicht planbar ist. Und dass sie öfter Nudeln essen können, als sie das jemals gedacht hätten.
Wir lernen, dass wir über die eigenen Grenzen gehen können, dass Liebe eine unglaubliche Kraft ist und auch Kraft gibt, und dass alle Dinge im Leben in einer gewissen Relation stehen. Denn wer schon einmal ein fieberndes, krankes Kind im Arm gehalten hat, wird sich über einen Kratzer im Auto oder ein unnötiges Meeting nicht mehr ärgern. Wir lernen, wie wenig Schlaf wir in Wirklichkeit brauchen.
Wir lernen, dass ein ehrliches Küsschen weit mehr Wert hat als der Zuspruch in der Arbeit. Und die vielleicht wichtigste Erkenntnis ist: Wir sind vielerorts ersetzbar, aber nicht in der Familie. Dort sind wir Trostspenderinnen, Anker, Ansprechpartnerinnen für Nöte und Sorgen, Krankenpflegerinnen, Managerinnen und insgesamt unersetzlich. Wir werden geküsst und geherzt, geliebt und am Muttertag eben auch einmal geehrt.
Nach Stunden voller Peppa Wutz, Paw Patrol und vergleichbarer Fernsehunterhaltung, Superman, Batman und den PJ Masks bin ich überzeugt, dass die wahren Superheldinnen wir Mütter sind. Wir leisten Übermenschliches. Und durch unsere Kinder haben wir eine Superkraft, die uns niemand mehr wegnehmen kann. Wir sind durch unsere Erziehung, unsere Werte, Sprüche, Weis- und Eigenheiten eines: unsterblich.
Allen Mit-Müttern wünsche ich einen klebrigen, verbrannten und unglaublich schönen Muttertag!
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